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Berliner Morgenpost: Nur ein Trostpflaster für die Konjunktur - Kommentar

Berlin (ots)

Mit einem "Zehn-Punkte-Programm für Deutschland"
will die CDU in das Spitzentreffen der Koalition am Montagabend im 
Kanzleramt gehen. Nach außen hin macht das Vorhaben einen kraftvollen
Eindruck: Es soll Steuersenkungen geben, Prämien für den Autokauf und
milliardenschwere öffentliche Investitionen. Unternehmen, die keine 
Kredite bekommen, sollen staatliche Bürgschaften bekommen. Bei 
näherem Hinschauen aber entpuppt sich der Unionsplan eher als 
Trostpflaster denn als Gipsbein für die Konjunktur.
Für die Bürger am wichtigsten sind die Steuersenkungen. Noch ist 
unklar, wie der Einkommensteuertarif genau verändert wird, Trotzdem 
gibt auch die Union zu, dass jeder Bürger am Ende nicht viel mehr als
zehn Euro im Monat bekommen wird. Das ist zwar auch Geld und reicht 
oft für eine Kinokarte. Aber lässt sich dadurch die Konjunktur 
stützen? Wohl kaum. Angeblich sei jetzt keine Zeit, um die 
Einkommensteuer grundsätzlich zu überarbeiten, heißt es bei der CDU. 
Doch wann, wenn nicht jetzt, könnten die Bürger das Geld gebrauchen? 
Der gleiche Befund ergibt sich bei der Senkung des 
Krankenversicherungsbeitrags: Die Summe, die hier für die Bürger 
herausspringt, ist ähnlich hoch wie bei der Steuer. Sie dürfte kaum 
eine Rolle spielen.
Ernüchterung auch bei den öffentlichen Investitionen in Straßen und 
öffentliche Gebäude. Die zehn Milliarden, auf die sich die Koalition 
hier einigen will, sind längst zusammengeschrumpft. Denn wenn es 
darum geht, welche Maßnahmen sofort angegangen werden können, 
herrscht bald Ebbe in den amtlichen Schubladen. Ohnehin werden die 
Verwaltungen von Kommunen und Ländern bei Vergabe- und 
Genehmigungsverfahren schnell an die Kapazitätsgrenze stoßen. 
Realistisch betrachtet, wird es dieses Jahr fünf oder sechs 
Milliarden Euro Investitionen geben können. Die im Rahmen eines 
"Deutschlandfonds" geplanten Bürgschaften mögen Unternehmen helfen, 
neue Kredite zu bekommen. Gefährlich dagegen mutet der Wunsch einiger
Unionspolitiker an, sich auch an Firmen zu beteiligen. Der Staat als 
Unternehmer? Das ist nur selten gut gegangen. Es erstaunt, dass 
ausgerechnet CDU und CSU auf solche Ideen kommen.
Die Pläne der Union - und wohl auch die der SPD - haben allenfalls 
symbolische Wirkung. Sie sollen beruhigen und den Bürgern zeigen, 
dass sie "nicht weiter belastet" werden, wie die Bundeskanzlerin es 
ausdrückt. Ging es nicht bisher um Entlastung? Und was geschieht, 
wenn die SPD darauf besteht, den Spitzensteuersatz anzuheben? Noch 
steht die Union an diesem Punkt zu ihrem Veto. Strebt sie aber 
tatsächlich eine Einigung um jeden Preis an, dann wird es am 
Montagabend kaum mehr Tabus geben.
Am Dienstagmorgen könnte von dem großen Programm für Deutschland 
nicht mehr allzu viel übrig bleiben. Angela Merkel hätte dann zwar 
einen Kompromiss mit der SPD erreicht und die Störenfriede von der 
CSU zufriedengestellt. Das marktwirtschaftliche Profil der Union und 
die Glaubwürdigkeit der Koalition hätten aber Schaden genommen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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