Berliner Morgenpost: Die brennenden Autos und der hilflose Senat - Kommentar
Berlin (ots)
Es war gestern der 23. Brandanschlag in diesem Jahr auf ein Auto in Berlin. Dabei hat dieses Jahr erst 28 Tage. Es brennt also mittlerweile fast jede Nacht. Die Autonomen und ihre Anhänger feiern ihre Feuerattacken mit Videos im Internet. Und was machen die Verantwortlichen der Berliner Sicherheitsbehörden? Sie zucken mit den Schultern. Polizeipräsident Dieter Glietsch sagt, dass man alles tue, was man tun könne. Eine Sonderkommission lehnt er aber ab. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagt, dass es sich um "heimtückische Anschläge" handelt. Aber eine freie Gesellschaft sei eben anfällig, mit solchen Attacken müsse man leben. Doch es sind die Feinde einer offenen Gesellschaft, die in den Straßen von Friedrichshain und Kreuzberg agieren. Das dürfen die Sicherheitsbehörden nicht so lapidar hinnehmen. Zu einer freiheitlichen Gesellschaft gehört auch, dass man sich frei entwickeln und frei leben kann. Die Morgenpost berichtete erst kürzlich über einen Vater von drei Kindern, der sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet hat. Er lebt in Friedrichshain. Sein Porsche wurde zum Hassobjekt und angezündet. Dabei sind gerade solche Aufsteiger für einen armen Kiez wie Friedrichshain gesellschaftlich so bedeutend. Damit die Wohnquartiere dauerhaft eine Chance haben und nicht zum sozialen Ghetto werden, ist eine Durchmischung von armen und reicheren Menschen, von Deutschen und Migranten, von jungen und älteren Berlinern wichtig. Denn wer in der Umgebung seiner Wohnung essen geht, wer dort Kinderkleidung einkauft und die Wochenmärkte nutzt, stärkt die lokale Infrastruktur. Wer sich wohlfühlt in seinem Kiez und wer für seine Kinder eine Perspektive sieht, schickt sie auch auf die dortigen Schulen. Und: Wer höhere Mieten zahlt, gibt den Hauseigentümern die Möglichkeit, zu investieren. Natürlich sind steigende Mieten in bestimmten Wohngebieten auch immer ein Problem für ärmere Menschen. Aber das Gegenteil hat Berlin leider auch schon viel zu oft erlebt: den Wegzug der Mittelschicht aus Gegenden wie Moabit oder Gesundbrunnen, was den sozialen Abstieg ganzer Quartiere mit sich brachte. Doch die Feinde der offenen Gesellschaft wollen keine Aufsteiger in ihrem Kiez. Um sie zu vertreiben, zünden sie ihre Autos an. Natürlich ist es schwer, die Täter auf frischer Tat zu stellen. Aber die Politik und die Polizei dürfen nicht das falsche Signal einer Hilflosigkeit aussenden. Wenn beispielsweise bei den Grünen von einem "Konjunkturprogramm der ganz besonderen Art die Rede ist", zeigt das, wie viel Häme mitschwingt, wenn teure Autos brennen. Bei den Krawallen am 1. Mai waren es auch maßgeblich die Menschen im Kreuzberger Kiez, die die jahrelange Randale leid waren. Zusammen mit der Polizei erreichten sie eine Befriedung. Auf diese demokratischen Kräfte sollte die Politik setzen, indem sie die Feinde der Freiheit mit allen Mitteln des Rechtstaates und eben auch öffentlich bekämpft.
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