Alle Storys
Folgen
Keine Story von BERLINER MORGENPOST mehr verpassen.

BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Kommentar - Gegen diese Krise ist noch kein Kraut gewachsen

Berlin (ots)

Die Lage ist ernst; bitterernst. Auch die große
Koalition kann sie fünf Monate vor der Bundestagswahl nicht länger 
schönreden. Es wird ja wohl seine Gründe haben, dass die Kanzlerin 
binnen nur eines halben Jahres zum zweiten Krisen-Konjunkturgipfel 
eingeladen hat. Jedenfalls zeugt es nicht davon, dass die 
Bundesregierung bislang ein wirksames Mittel gefunden hat, um den 
schwersten Wirtschaftseinbruch seit Jahrzehnten im ersten Schritt 
abzumildern und mit dem zweiten einen Aufschwung einzuleiten. Nun ist
es, zugegeben, wirklich nicht ganz einfach, eine überzeugende 
Krisen-Strategie zu finden, da sich selbst die angeblich so klugen 
Wirtschaftsweisen einander so heftig widersprechen, dass aus ihren 
Analysen, Prognosen und Ratschlägen auch keine schlüssige, allein 
Erfolg versprechende Handlungsempfehlung herauszulesen ist.
Auch die Ratschläge der Teilnehmer der Krisensitzung im Kanzleramt 
mit ihren so unterschiedlichen Brancheninteressen dürften Angela 
Merkel und Frank-Walter Steinmeier nicht sehr viel klüger gemacht 
haben. Anderes war nicht zu erwarten. Die Spitzen aus Unternehmen, 
Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft dennoch zum Gespräch zu 
laden war vernünftig. Aus zwei Gründen. Erstens hat die Regierung 
zumindest indirekt alle Beteiligten mit in die Verantwortung dafür 
genommen, dass die Krise nur gemeinsam entschärft und dann überwunden
werden kann. Zweitens hat sie offen dargelegt, wo die Grenzen ihrer 
Handlungsfähigkeit angesichts der ohnehin enormen Neuverschuldung 
liegen und damit falsche Hoffnungen auf neue Milliardenprogramme, die
am Ende der Steuerzahler zu begleichen hat, zumindest vorerst 
gedämpft.
Nach den beiden Konjunkturpaketen mit einem Inhalt von rund 80 
Milliarden Euro ist es nun wirklich an der Zeit, ihre Umsetzung und 
damit Wirkung abzuwarten und nicht schon wieder übereilt zur nächsten
Milliardenspritze zu greifen. Da bleibt allerdings die dringliche 
Hoffnung, dass SPD, CDU und CSU, je näher der Wahlkampf rückt, sich 
weiter an den gestrigen Gipfel erinnern und keinen neuen Wettlauf zur
kurzfristigen Beglückung der Bürger - wie bei der Abwrackprämie - 
starten.
Hoffentlich hat auch DGB-Chef Michael Sommer das Kanzleramt wieder 
ein bisschen klüger und mitverantwortlicher fühlend verlassen. Seine 
Warnung vor dem Treffen, sollte es angesichts der Krise in 
Deutschland zu Massenentlassungen kommen, drohten soziale Unruhen, 
gleicht dem Schütten von Öl ins Feuer. Wer Entlassungen in einer 
schweren Rezession als Kampfansage an Belegschaften und 
Gewerkschaften interpretiert, leugnet wider besseres Wissen die 
Zwänge des Marktes. Soziale Unruhen sind das schlechteste Rezept, um 
aus dem Wirtschaftstief herauszukommen. Statt ihnen das Wort zu 
reden, sollte Sommer sich besser darum kümmern, wie ums Überleben 
kämpfende Unternehmen durch flexible Lohnvereinbarungen für sich und 
ihre Mitarbeiter das rettende Ufer erreichen. Vielleicht hat er ja 
gestern tatsächlich etwas dazugelernt.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
Weitere Storys: BERLINER MORGENPOST
  • 21.04.2009 – 19:10

    Berliner Morgenpost: Kommentar: Endlich ein Streit, der Berlin nach vorne bringt

    Berlin (ots) - Ja, Berlin braucht Visionen. Und die müssen sich nicht nach Flächennutzungsplänen richten. Die Debatte, die Klaus Wowereit mit seinem öffentlichen Sinnieren über eine mögliche Umgestaltung des historischen Stadtkerns losgetreten hat, kann Berlin nur gut tun. Der Gedanke ist nicht neu, Wowereits Kulturstaatssekretär André Schmitz hat in den ...

  • 19.04.2009 – 20:02

    Berliner Morgenpost: Innenpolitik Die Berliner Morgepost zum SPD-Wahlprogramm

    Berlin (ots) - Mit ihrem gestrigen Show-Start im Berliner Tempodrom, inszeniert mit ungewohnt dezenter Pomplosigkeit, haben die Sozialdemokraten die Kunst der situativen Programmatik perfektioniert. Vor zehn Jahren, im Juni 1999, veröffentlichten der sozialdemokratische Kanzler Gerhard Schröder und sein britischer Kollege Tony Blair ein Papier, das nach ihnen ...

  • 17.04.2009 – 19:11

    Berliner Morgenpost: Fußball-Lehren. Oder: Das neue Nord-Süd-Gefälle - Kommentar

    Berlin (ots) - Der deutsche Fußball ist in Feierstimmung. Wenn man es genauer nehmen will: der Fußball in der Nordhälfte der Republik. Nicht nur, dass unverhofft der VfL Wolfsburg, ausgerechnet, ziemlich souveräner Tabellenführer der Bundesliga ist. Auch Hertha BSC, trotz des kleinen Schwächeanfalls, macht in diesem Jahr sehr viel Spaß. Und mit dem ...