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Berliner Morgenpost: Ein gewagtes Spiel mit vielen Unbekannten - Kommentar

Berlin (ots)

Der Gipfel endete in einem Desaster: Auch nach elf
Stunden Verhandlungen konnten sich Bundesregierung und die Vertreter 
der Bundesländer mit Opel-Standorten in der Nacht zu Donnerstag nicht
mit dem amerikanischen Finanzministerium sowie den Vertretern des 
US-Autoherstellers General Motors (GM) auf eine Lösung für Opel 
verständigen. Schlimmer noch: Die Situation ist verfahrener denn je, 
die Zeit jedoch wird knapp.
Warum der Gipfel scheiterte, dafür wurden gestern gleich mehrere 
Verantwortliche ausgemacht. Die Linke und einige Wirtschaftsexperten 
sahen die Schuld bei Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu 
Guttenberg (CSU), der das Treffen amateurhaft vorbereitet habe und in
den letzten Tagen auch eine "geordnete Insolvenz" von Opel ins 
Gespräch gebracht hatte. Damit habe er die Amerikaner geradezu 
eingeladen, zu pokern und neue Forderungen zu stellen, so der 
Vorwurf. Die Bundesregierung, allen voran der wahlkämpfende 
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), sieht die Verantwortung 
bei den Amerikanern. Der Autohersteller GM hatte beim Super-Gipfel 
nämlich völlig überraschend verkündet, dass weitere 300 Millionen 
Euro benötigt würden. Und die US-Regierung hatte keine hochrangigen 
Vertreter, sondern nur einen mandatierten Rechtsanwalt nach Berlin 
gesandt, der allein nicht entscheidungsbefugt war. Möglicherweise hat
die Bundesregierung unterschätzt, wie sehr die Amerikaner für ihre 
Interessen kämpfen, wie kompliziert die Rettung eines global 
agierenden Autokonzerns ist. Doch auch wenn es sich so mancher 
wünscht: Im Fall Opel gibt es keine einfachen Antworten. Es ist 
vielmehr ein gewagtes Spiel mit vielen Unbekannten.
Trotz aller Kritik am Verlauf des Treffens: Es ist gut, dass sich die
deutschen Unterhändler in der langen Nacht nicht von GM über den 
Tisch ziehen ließen und nicht noch einmal 300 Millionen draufgepackt 
haben. Immerhin wollen Bund und Länder schon 1,5 Milliarden Euro als 
Brückenfinanzierung bereitstellen. Aber wie schwierig müssen die 
Gespräche sein, wenn noch nicht einmal die Frage des Kontos geklärt 
ist - also die Frage, wo der Überbrückungskredit landet und wer 
Zugang zu diesem Konto hat. Dabei ist es doch von zentraler Bedeutung
für die deutsche Seite, dass das bereitgestellte Geld nicht in einer 
wahrscheinlichen Insolvenzmasse GM versickert, sondern irgendwann 
auch mal zurückgezahlt wird.
Und noch etwas darf keiner aus den Augen lassen: Wenn die Staatshilfe
für Opel gewährt wird, was wird dann aus Arcandor mit seinen 
Karstadt-Warenhäusern, aus diesen 56000 Arbeitsplätzen? Oder 
aus Porsche und anderen Unternehmen, die in Not geraten? Der 
Arcandor-Konzern verlangt vom Bundeswirtschaftsminister eine 
650-Millionen-Euro-Bürgschaft. Das ist auch viel Geld, aber deutlich 
weniger, als Bund und Länder für Opel bereitstellen wollen. Am 
12.Juni, wenn Arcandor seine Kredite bedienen muss, um die 
Insolvenz abzuwenden, ist für die Bundesregierung erneut der Tag der 
Wahrheit. Es sind noch 14 Tage.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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