Berliner Morgenpost: Schlussstrich an der Kieler Förde
Berlin (ots)
Man weiß ja nicht, wie das heute ausgeht an der Förde. Ob sich die örtlichen Sozialdemokraten doch noch am Riemen reißen und den Menschen im Norden trotz ihrer miesen Umfragedaten weitere Kapitel dieses unsäglichen politischen Schauspiels ersparen. Den 16. Kieler Landtag endlich aufzulösen, das wäre selbst knapp zehn Monate vor dem regulären Ende der Legislaturperiode noch eine letzte kleine Heldentat. Wenigstens das sollte den politischen Fachkräften, die dort seit Monaten, Jahren inzwischen, herummurksen, vielleicht doch noch gelingen. Es ist ja nicht nur, dass die beiden Führungskräfte sich nicht riechen können. Peter Harry Carstensen und Ralf Stegner haben, jeder für sich, bewiesen, dass sie für ihre Ämter ungeeignet sind, erst recht in Zeiten, in denen es ankommt auf gute Lösungen, auf Führungskraft, auch auf die Fähigkeit zum Kompromiss. Wem es nicht gegeben ist, seine persönlichen Befindlichkeiten zurückzustellen im Sinne der Menschen, zum Wohle des Landes, der sollte für solche Ämter erst gar nicht kandidieren. Dass beide Streithähne es bei Neuwahlen dennoch wieder wagen wollen, ist kein gutes Zeichen für Schleswig-Holstein. Erst recht nicht für den Zustand seiner Regierungsparteien. CDU und SPD werden in den kommenden Wochen übereinander herfallen, als gäbe es kein Morgen. Dabei hat keine der beiden Parteien ihren Job so gemacht, dass sie eine weitere Chance verdient hätte. Schleswig-Holstein jedenfalls ist in den Zeiten der großen Koalition keinen Schritt vorangekommen. Im Gegenteil. Selbst vor der großen Finanzkrise, bei bester konjunktureller Lage und einer fast wundersamen Einnahmevermehrung ist es dieser Regierung nicht gelungen, den Landesetat wenigstens ansatzweise zu sanieren. Das rächt sich jetzt. Schleswig-Holstein ist im Prinzip pleite und auf Jahrzehnte nicht in der Lage, sich aus diesem Finanzschlamassel zu befreien. Das liegt vor allem am mangelnden Mumm der Beteiligten. Selbst vor kleineren Korrekturen, wie der Elternbeteiligung an den Schulbusdiensten auf dem Land schreckte man zurück. Eine von allen als zwingend erachtete Reform des aufgeblähten Verwaltungsapparats wurde geprüft und begutachtet und geprüft und dann lieber doch ad acta gelegt. Selbst bei der als Erfolg verkauften Schulreform laufen im Prinzip zwei Modelle, das der SPD und das der CDU, parallel aneinander vorbei. Muss man noch etwas zur HSH-Nordbank sagen? Deren Verfall und Größenwahn man sich in Kiel so lange schönredete, bis wirklich nichts mehr zu retten war. Bei der man sich bis heute offenbar nicht darüber im Klaren ist, welches Risiko sie darstellt, finanziell und moralisch. Was soll man von einem Ministerpräsidenten halten, der in diesem Zusammenhang "ein bisschen flott" über Formulierungen hinweggeht, wie Carstensen es gestern entschuldigend formulierte? Nein, über all das muss man nicht mehr reden. Dieses Parlament, diese Koalition, sie gehören aufgelöst. Und wenn man den Menschen einen Gefallen tun will, dann spendiert man ihnen im Wahlkampf eine Runde neuer Spitzenkandidaten. Verdient hätten sie's.
Pressekontakt:
Berliner Morgenpost
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell