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BERLINER MORGENPOST

Berliner Morgenpost: Mit Berliner Tugend der Bahn-Misere getrotzt - Kommentar

Berlin (ots)

Da haben wir Berliner es uns mal wieder selbst und
allen anderen gleich auch noch gezeigt: Wir lassen uns so schnell 
nicht unterkriegen. Katastrophenszenarien schrecken uns nicht, weil 
wir, wenn es ernst wird, Ruhe und Gelassenheit bewahren. Diese 
rühmenswerte Haltung haben diesmal vor allem die Nutzer der S-Bahn 
auf Bahnsteigen und in vollen Zügen an den Tag gelegt. An normalen 
Werktagen sind das bekanntlich etwa 1,3 Millionen Berliner und 
Brandenburger. Das Lob wir keineswegs dadurch geschmälert, dass die 
weitgehend radlosen Wochen bei der Bahn in die Ferienzeit fallen.
Es gibt gleich mehrere Gründe, warum aus dem vorab beschworenen 
"schwarzen Montag", "Verkehrschaos" oder "Nahverkehrs-Notstand" für 
die meisten Kunden doch noch ein durchweg erträglicher S-Bahn-Tag 
geworden ist. Natürlich die schon erwähnte Urlaubszeit, dazu die 
umfangreichen Vorabinformationen in Schrift und Grafiken über dem 
Notfall- und Ersatzfahrplan, insbesondere in den Printmedien wie der 
Berliner Morgenpost. Damit war eine verlässliche Vorbereitung auf den
Tag möglich, der zum GAU in der Berliner Verkehrsgeschichte zu 
Friedenszeiten hätte führen können. Flexibel und reaktionsschnell auf
Alternativen programmiert wie die Kunden endlich auch mal die Bahner.
Dazu hilfsbereit wie fast immer die BVG. Gezeigt hat sich aber auch, 
dass schon fast Vergessenes zu reaktivieren ist, wenn in Berlin Not 
am Mann oder in diesem Fall bei der Bahn ist: Solidarität. Regional- 
und S-Bahn-Züge aus fünf anderen Bundesländern rollen in diesen Tagen
als Verstärkung auf Berlins Schienen.
Wir in Berlin reden über unsere Stadt ja meist nicht unterhalb von 
Kategorien wie Weltstadt oder Metropole. Wenn in Berlin tatsächlich 
unbestreitbar etwas Spitze ist, dann ist es unser dichtes 
öffentliches Nahverkehrsnetz, gesponnen aus S- und U-Bahn, Regional-,
Straßenbahnen und Bussen. Darum beneiden uns die Hauptstädte rund um 
den Globus nicht weniger als die meisten deutschen Großstädte. Nicht 
zuletzt auch diesem Mix mit seinen Umsteigemöglichkeiten fast überall
in der Stadt verdanken wir, dass aus dem vermeintlich "schwarzen" 
noch ein vergleichsweise normaler Montag geworden ist.
Ein guter Tag allein erlöst die Berliner natürlich nicht von den 
unbestreitbaren Beschwernissen auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkauf 
oder zum Freizeitvergnügen - und die Touristen nicht vom Hoppen von 
einer Sehenswürdigkeit zur nächsten. Bis zur ersten spürbaren 
Fahrplanausweitung wird es dauern. Das Tageslob für Fahrgäste wie für
die Bahner aller Farbschattierungen soll denn auch Ansporn sein, das 
fortzusetzen, was - aus der Not organisiert - so überraschend 
reibungslos begonnen hat.
Berlin und die Berliner haben eine der größten Herausforderungen der 
letzten Jahre vorerst mit Bravour bestanden. Dass der Regierende 
Bürgermeister Klaus Wowereit ihnen vorab und fernab aus dem Urlaub 
hat zurufen lassen, sie sollten sich auf eine lange Geduldsprobe 
einstellen, hat dennoch einen Hauch von zumindest Sarkasmus.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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