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Berliner Morgenpost: Neuer Bahnchef,alte Masche - Leitartikel

Berlin (ots)

Eines ist den Deutschen im Dezember so sicher wie
der Schoko-Nikolaus: die Fahrpreiserhöhung der Deutschen Bahn. Eine 
"sympathischere Bahn" hatte Konzernchef Rüdiger Grube zu seinem 
Amtsantritt versprochen - nun hebt er erst mal die Preise an. 
Immerhin werden die Tickets im Schnitt "nur" 1,8 Prozent teurer. Das 
ist im Vergleich mit den Erhöhungen der Vorjahre maßvoll. Aber Grubes
sogenannte "Tarifmaßnahme" hat eine ganze Reihe von Haken. Und so 
wird die Bahn am Ende wenig von den erhofften Mehreinnahmen haben - 
dafür aber jede Menge Ärger mit den Kunden und Gewerkschaften.
Zunächst kann der Schienenriese nach den Horrorjahren 2008 und 2009 
kaum mit Verständnis für eine abermalige Preiserhöhung rechnen. Die 
Kunden haben die Vollsperrung der Paradestrecke Berlin-Hamburg oder 
das Achsen-Debakel der ICE-Flotte noch gut im Gedächtnis; und in 
Berlin das S-Bahn-Chaos stets vor Augen. Vom täglichen Bahnsinn in 
übervollen und verspäteten Zügen erst gar nicht zur reden. Wer 
angesichts dieser Zustände den Fahrgästen höhere Preise zumutet, ohne
dafür einen adäquaten Gegenwert zu bieten, beweist schon erstaunliche
Chuzpe.
Man kann das Ganze natürlich auch rein aus kaufmännischer Sicht 
betrachten - doch auch für diesen Fall bekommt die Bahn schlechte 
Noten. Denn wenn man schon an der Preisschraube dreht, müsste man den
Mut zeigen, es konsequent, also effektiv zu tun. Die 50 Millionen 
Euro, die man sich jährlich als Mehreinnahmen erhofft, sind Peanuts. 
Die Bahn braucht in den kommenden Monaten und Jahren viele Millionen 
Euro allein um das Problem mit den ICE-Achsen und der S-Bahn Berlin 
in den Griff zu bekommen und die dramatischen Einbrüche im 
Schienengüterverkehr wegzustecken. Das Geld, das die aktuelle 
Preisanhebung im günstigsten Fall in die Kassen bringt, würde gerade 
mal reichen, um die Hälfte des Defizits auszugleichen, dass die 
S-Bahn durch die Schlampereien bei der Wagenwartung allein in diesem 
Jahr einfahren wird. Dafür riskiert die Bahn den Unmut der Kunden im 
ganzen Land. Taktik sieht anders aus.
Hinzu kommt, dass die Preiserhöhung die Gewerkschaften ermuntern 
wird, hohe Lohnabschlüsse durchzudrücken. Schließlich kann man die 
über höhere Ticketpreise auffangen, wie die Bahn argumentiert. Also 
werden die Arbeitnehmervertreter zäh verhandeln, die Streikgefahr 
steigt - die Leidtragenden sind die Kunden. Sympathischer macht all 
das die Bahn nicht. Wer kann, wird also umsteigen. Aufs Auto, auf den
Flieger. Und so wird der Einnahmeeffekt der Preiserhöhung verpuffen. 
Allerdings nur zum Teil, denn im Schienenfernverkehr gibt es 
bekanntlich keine Alternative zur Deutschen Bahn. Darauf werden die 
Bahnmanager spekulieren, so wie sie es schon unter Hartmut Mehdorn 
getan haben. Schade, dass Konzernchef Grube für seinen Neuanfang auf 
Preiserhöhungen setzt und nicht auf neue Wege, auf mehr Service und 
originelle Angebote, um so die Menschen in die Züge zu locken.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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