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Berliner Morgenpost: Wir müssen neu lernen, mit dem Winter umzugehen - Kommentar

Berlin (ots)

Es ist gerade einmal ein paar Wochen her, da redete
alle Welt vom Klimagipfel. Davon, dass sich die Staatenlenker des 
Globus auf keine verbindliche Begrenzung des Temperatur-Anstiegs 
hatten durchringen können. Verdrängt, vergessen. Jetzt reden wieder 
alle vom Wetter; von Eis und Schnee. Wie passt das zusammen - 
Hiobsbotschaften zur Meere und Fauna verändernden Erderwärmung, 
andererseits Tiefkühltemperaturen und Schneemassen auf weiten Teilen 
des Erdballs? Klimaforscher haben natürlich auch dafür eine Antwort: 
Die globale Erderwärmung mache eine Art Atempause, analysiert 
beispielsweise der TV-erprobte Experte Mojib Latif von der 
Universität Kiel. So, so, das hat man auch noch nicht so oft aus 
berufenem Mund gehört ...
Bleiben wir bei den Eisestemperaturen und dem Schnee dieser Tage, 
ohne etwa die prognostizierte langfristige Klimaerwärmung 
grundsätzlich infrage stellen zu wollen. Es ist schon erstaunlich, 
wie geradezu hysterisch auf das reagiert wird, was in dieser 
Jahreszeit nicht ungewöhnlich ist. Viele Menschen haben ein kurzes 
Gedächtnis: Auch vor einem Jahr herrschte sibirische Kälte in 
Deutschland, 2006 lag das Land wochenlang unter Dauerfrost, zehn 
Jahre zuvor gab es in Berlin mit minus 19 Grad nicht nur einen 
Kälterekord, sondern auch eine zugefrorene Havel samt Wannsee als 
idyllischer Eislaufbahn.
Dennoch haben offensichtlich zu viele verlernt, dass es in unseren 
Breiten noch immer Winter gibt, die diesem Namen gerecht werden, und 
mit ihm umzugehen. Die Deutsche Bahn warb noch Mitte der 60er-Jahre 
mit dem Winterslogan "Alle reden vom Wetter - wir nicht" um Reisende,
obwohl keineswegs alle ihre Züge immer auf die Minute pünktlich 
waren. Aber kein Vergleich mit dem, was sich die Berliner S-Bahn in 
diesen Tagen zusätzlich an Unfähigkeit leistet. Und modernste Technik
in den Zügen unserer Zeit ist nur so lange willkommen, wie sie 
einigen Minusgraden standhält. Dass selbst in Millionenstädten wie 
Berlin der Schnee nicht gleich wieder taut wie die Butter auf dem 
Toastbrot, scheinen allzu viele Autofahrer angesichts von immer neuen
Horrorszenarien über die Aufheizung des Erdballs auch verdrängt zu 
haben. Winter - das müssen wir wieder lernen und einplanen - bedeutet
eben Entschleunigung.
Die Natur mit ihrer Wetterwendigkeit lässt sich nicht zwingen. Das 
kann für uns Menschen gerade im Winter unbequem sein, zugleich aber 
eine Quelle der Freude. Verschneite Landschaften, strahlende 
Kinderaugen bei der ersten Schlittenfahrt - der Winter ist 
wunderschön. Aber auch sehr hart, entbehrungsreich, ja 
lebensgefährlich. Für Menschen, die alles verloren haben, die bei Eis
und Schnee keine Wohnung haben, die obdachlos sind. Sie können sich 
nicht aus eigener Kraft auf den Winter vorbereiten. Sie sind die 
wirklichen Leidtragenden in diesen Wochen. Sie sind auf Hilfe 
angewiesen. Einmal mehr ist auf die Berliner Verlass, wie der Erfolg 
der Spendenaktion auch der Berliner Morgenpost beweist.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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