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BERLINER MORGENPOST: In Athen und Berlin wächst der Unmut - Leitartikel

Berlin (ots)

Generalstreik, politischer Streit, Demonstrationen - die dramatischen Bilder zeigen, was die Finanzkrise aus Griechenland macht. Und was passiert in Brüssel und Berlin? Hieß es bislang, ohne ein weiteres 100-Milliarden-Hilfspaket drohe dem südeuropäischen Land im Juli der Staatsbankrott, wiegelt man jetzt wieder ab. Eine Rettungsaktion sei erst im September nötig. Bis dahin ließe sich Griechenland noch mit den bereits bewilligten Krediten über Wasser halten. Das Spiel auf Zeit bringt in der Sache keinerlei Vorteil. Die Wandlung ist wohl vor allem der Hoffnung der Bundesregierung geschuldet, dass hierzulande das öffentliche Interesse an der Eskalation in Griechenland schon bald wieder nachlässt und weitere Rettungsaktionen dann beim Bürger weniger Unmut erzeugen. Angesichts des wachsenden Widerstandes in dem Schuldenstaat gegen die Sparpolitik Athens wird immer deutlicher, dass der von der EU verfolgte Kurs nicht zum Ziel führt. Die EU kann die Rosskur nicht erzwingen. Ohnehin zweifeln Ökonomen, dass ein derart überschuldetes Land ohne eine harte Umschuldung mit einem Erlass eines Teils der erdrückenden Schulden wirtschaftlich jemals gesunden kann. Europas Steuerzahler helfen nicht den Griechen, wie die selbsternannten Retter gebetsmühlenartig behaupten, sondern finanzieren lediglich deren Schuldendienst, der auf diese Weise immer teurer wird. Das ist auch der Grund, warum das Land trotz der 110-Milliarden-Hilfe vom vergangenen Frühjahr und trotz beachtlicher Einsparungen heute dennoch schlechter dasteht als im vor zwölf Monaten. Welch ein absurdes Theater. Die hiesige Bevölkerung spürt das ebenso wie die griechische. Und das Unbehagen im Athener Parlament ist genauso groß wie im Deutschen Bundestag. Die Zweifel wachsen hier wie dort, dass Europas Politiker der Schulden-Misere noch Herr werden können. Und es ist bitter, dass in der größten Krise der EU die Europäische Zentralbank nicht als ehrlicher Makler auftreten kann. Weil sie sich vor einem Jahr dem politischen Druck gebeugt hat und griechische Schrottpapiere als Sicherheiten akzeptierte, wehrt sie sich heute aus Eigeninteresse mit Hauen und Klauen gegen eine Umschuldung. Denn die EZB stünde in diesem Fall arg ramponiert da und bräuchte selbst neues Kapital. Und der neue Bundesbank-Chef spielt die Farce mit. Geht es nach dem Willen der Zentralbanker, soll mit dem frischen Geld der Steuerzahler noch einmal Zeit gekauft werden. Doch zu welch irrsinnigem Preis? Statt sich weiter von Rettungsaktion zu Rettungsaktion zu hangeln, sollten sich die verantwortlichen Politiker in Euroland endlich ehrlich machen. Das griechische Schuldendesaster lässt sich ohne eine Beteiligung der privaten Gläubiger nicht beheben. Der Bundesfinanzminister sollte die teuer erkaufte Zeit nutzen, um für diese Forderung des deutschen Bundestages in Brüssel zu kämpfen. Andere Zahlerländer wie Finnland oder die Niederlande wollen gleichfalls nicht die ganze Last ihren Steuerzahlern aufbürden. Keine Frage: Die Deutschen dürfen den Griechen nicht die Solidarität aufkündigen. Doch die finanzielle Unterstützung muss als Hilfe zur Selbsthilfe dem Land zugute kommen - nicht wie bisher den Banken.

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