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BERLINER MORGENPOST: Eine beispiellose Serie der Zerstörung - Leitartikel

Berlin (ots)

Wieder zehn, wieder zwölf, wieder 17. In jeder Nacht der vergangenen Woche brannten Autos, teure Fahrzeuge, Mittelklasse- und Kleinwagen. Angesichts zu Plastikklumpen zerschmolzener Kindersitze kann man nur Hilflosigkeit und Entsetzen empfinden. Und Wut auf die Brandstifter, die Existenzen und Träume vernichten, die Angst verbreiten. Wer Autos abbrennt, der trifft immer Menschen. Mehr als 70 Autos sind seit Montagnacht in Flammen aufgegangen. Eine beispiellose Serie der Zerstörung, die eben auch mindestens 70 Opfer hinterlässt. Daran muss man gerade jetzt erinnern, da die Brandstiftungen zum Wahlkampfthema geworden sind - und die Wahlkämpfer außer Kontrolle geraten. Statt zuzugeben, dass man den Brandstiftern hilflos gegenübersteht, wird munter weitergezündelt. Die Opfer spielen längst keine Rolle mehr. Kaum waren die ersten Flammen gelöscht, versuchten sich die Innenexperten von CDU und SPD, Wolfgang Bosbach und Dieter Wiefelspütz, darin zu übertreffen, die Brandstifter in die Nähe der RAF zu rücken. In Berlin selbst machte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Stimmung und ging an den Tagen zwischen den Brandnächten auf Wählerfang. Derselbe Mann, der mit einem beispiellosen Sparkurs die Polizei schrumpfte, nimmt jetzt die Bürger der Stadt in Haftung. Sollen die Berliner doch Bürger-Patrouillen aufstellen und die Brandstifter (ver)jagen. Die Grünen, die vor einiger Zeit angesichts von Autobränden von einem "Konjunkturprogramm" für die Autoindustrie sprachen und damit zur Verharmlosung dieser Taten beigetragen haben, verweisen jetzt an die Polizei - und bleiben ansonsten sprachlos. Die CDU will wahlweise 16.000 Polizisten - wie in London - auf die Straße schicken oder Ordnungsamtsmitarbeiter in den nächtlichen Streifendienst zwingen. Und selbst die Berliner FDP wurde zur Law-and-Order-Partei. Londoner Verhältnisse in Berlin? Man wartet schon fast schon auf die Forderung einiger Wahlkämpfers, dass die Bundeswehr endlich auch eingreifen muss. All diese durchsichtigen, schnellen Wahlkampfsprüche zeigen eine Konzeptlosigkeit und auch ein gewisses Maß an Respektlosigkeit gegenüber den Berlinern selbst. "Mit so viel Hilfe habe ich nie gerechnet." Das hat Tomasz Nadziak der Berliner Morgenpost gesagt. Nadziak ist eines der Brandopfer der vergangenen Woche. Der selbstständige Handwerker hatte nicht nur den Familienwagen verloren, sondern auch sein Handwerkszeug. Über Nacht mussten er und seine Familie um ihre Existenz fürchten. Und über Nacht kam Rettung, von Freunden und Bekannten, von Nachbarn und Wildfremden, die vom Schicksal der Familie gelesen hatten. Das ist auch Berlin - glücklicherweise.

Pressekontakt:

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Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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