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BERLINER MORGENPOST: Die Linkspartei hat es nicht anders verdient - Leitartikel

Berlin (ots)

Das kann alles kein Zufall sein. Die Vorsitzende Gesine Lötzsch sucht erst neue Wege zum Kommunismus, dann verharmlost sie den Bau der Berliner Mauer und gratuliert dem Freiheitsunterdrücker Fidel Castro mit altstalinistischen Formulierungen auch noch zum 85.Geburtstag. Frau Lötzsch ist keine Hinterbänklerin in der Linkspartei, Ex-PDS, Ex-SED. Sie ist zusammen mit Klaus Ernst die Vorsitzende. In Mecklenburg-Vorpommern weigerte sich die frühere Sozialministerin Marianne Linke, sich von ihrem Platz zu erheben, als während einer Veranstaltung ihrer Partei der Toten an der Mauer gedacht wurde. Und die "Junge Welt", bevorzugtes Sprachrohr des linksradikalen Flügels der Partei, erdreistete sich, den Erbauern der Mauern zu danken. Der Zynismus hat Methode. Teile der Linkspartei verweigern sich der demokratischen Gesellschaft. Freiheit ist für sie kein unverrückbarer Wert. Die Bundestagsfraktion der Linken hat sich zu einer Klausurtagung in Rostock versammelt. Es wäre der richtige Zeitpunkt, über das Selbstverständnis der Partei nachzudenken und Pflöcke für den Programmparteitag im Oktober einzurammen. Doch das steht nicht auf der Tagesordnung. Stattdessen wollen Gysi und Genossen über ihre Alternativen zur Bewältigung der Euro-Schuldenkrise und Initiativen zur Umwelt-, Bildungs- und Sozialpolitik beraten. Das ist auch bequemer, als sich mit den eigenen schwerwiegenden Defiziten zu beschäftigen. Die Partei ist gleich mehrfach gespalten; inhaltlich wie mental. Die Fusion der westdeutschen WASG und der ostdeutschen PDS hat nicht zu der erhofften linken Kampfformation geführt. Zum Um- und Neudenken bereite Reformer stehen im Osten der DDR nicht immer klammheimlich nachtrauernden Ewiggestrigen gegenüber. In der alten WASG hatten linke Sektierer schon allein Streit miteinander, jetzt gibt es auch noch giftige Sticheleien mit den so ganz anders sozialisierten Brüdern und Schwestern aus dem Osten. Da überrascht es nicht, dass die "Linke" auch vier Jahre nach ihrer Vereinigung noch immer kein Parteiprogramm hat. Wenn sie dann auch noch ein Vorsitzenden-Paar hat, das mehr verwirrt als führt, stehen ihre Chancen trotz für sie eigentlich optimaler Rahmenbedingungen schlecht. Das spüren vor allem die Wahlkämpfer in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Selbst angesichts der Schulden- und Bankenkrise im Verbund mit schwindender Glaubwürdigkeit des Kapitalismus, selbst der sozialen Marktwirtschaft, kann die Partei der überzeugten Sozialisten und Kommunisten nicht punkten. In Schwerin, wo sie sich erneut als Koalitionspartner empfiehlt, verharrt sie wie vor fünf Jahren bei 17 Prozent. In Berlin haben die Realpolitiker der Partei sogar das Nachsehen. Sie sind in der letzten Infratest-Dimap-Umfrage um zwei Punkte auf nur noch zwölf Prozent abgerutscht; weit weg von ihrem Minimalziel 14 Prozent. In Brandenburg steht die Verlustrate seit Regierungsbeteiligung und immer neuen Stasi-Enthüllungen bei vier Prozentpunkten. Vom Bund ganz zu schweigen: Absturz von zwölf Prozent 2009 auf sieben Prozent. So wie sich die Partei darstellt, hat sie es nicht anders verdient. Und solange sie Lötzsch und Ernst an ihrer Spitze gewähren lässt, wird sich daran auch nichts ändern.

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