BERLINER MORGENPOST: Es soll endlich vorangehen Gilbert Schomaker über die neusten Beschlüsse der Koalition von SPD und CDU in Berlin
Berlin (ots)
Es ist das erste gute Zeichen seit Langem in der Berliner Landespolitik. Nach dem Desaster beim Großflughafen und der Akten- und V-Mann-Affäre bei den Sicherheitsbehörden müht sich die rot-schwarze Koalition, die Hauptstadt voranzubringen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh hatte den Herbst der Entscheidungen angekündigt. Nun sind sie gefallen. Und es gibt Gewinner und Verlierer. Beim Wasser konnte sich die CDU im wesentlichen durchsetzen. Eine ihrer wichtigsten Botschaften im Wahlkampf wird nun umgesetzt: Die Wasserpreise sinken. In einem ersten Schritt in diesem Jahr pauschal um 60 Millionen Euro, später dann um mindestens 15 Prozent. Dafür musste die Union dem Rückkauf der RWE-Anteile der Berliner Wasserbetriebe zustimmen. Diese Rekommunalisierung wollte unbedingt die SPD. Bei einem anderen Dauerthema der Koalition schlägt nun das Pendel in Richtung Sozialdemokraten aus. Bei der Vergabe der Konzessionen soll mehr öffentlicher Einfluss auf die Stromnetze gewonnen werden. Ein landeseigenes Unternehmen "Berlin Energie", also ein Art Stadtwerk, soll sich an der Ausschreibung um den Betrieb des Stromnetzes kümmern. Das wollte die SPD immer schon, die Union sah bisher hier wenig Handlungsbedarf. Die Genossen wiederum sind bei einer politischen Herzensangelegenheit der CDU entgegengekommen: Die Weiterentwicklung des bisherigen Flughafens Tegel zu einem Forschungs- und Industriepark soll vorangetrieben werden. Finanziell wird das mit 70 Millionen Euro für den Umzug der Beuth-Hochschule abgesichert. Über das Internationale Congress Centrum (ICC) ist in der Vergangenheit viel diskutiert worden. Dass es jetzt endlich eine Entscheidung gibt, ist gut. Ganz im Sinne des SPD-Fraktionsvorsitzenden wurde die Ertüchtigung mit einem Preisschild versehen. Mehr als 200 Millionen Euro darf diese nicht kosten. Und schließlich ist die SPD der Union bei einer neuen Schnellstraße durch den Ostteil der Stadt, der Tangentialverbindung Ost, entgegengekommen. Die TVO wird nun vierspurig gebaut. Bei vielen Beschlüssen liegen die Probleme noch im Detail und in der Umsetzung. Aber die Regierungskoalitionen haben es geschafft, fast lautlos über mehrere Wochen die Konfliktthemen zu bearbeiten. Das zeigt Dreierlei. Erstens machen SPD und CDU ernst mit dem Kernanliegen des Koalitionsvertrags: der Förderung großer Infrastrukturvorhaben. Es soll nun wirtschaftlich endlich vorangehen in Berlin. Die Art und Weise, wie ohne großen Aufhebens die Beschlüsse zustande kamen, fördern zweitens den Zusammenhalt der Koalition, die im Moment wahrlich keine guten Umfragewerte aufweist. Regierungen werden vom Wähler an ihrem Handeln gemessen, nicht an ihrem Streit. Und drittens: Es sind die Fraktionschefs Raed Saleh und Florian Graf (CDU), die jetzt den Takt vorgegeben haben. Sie treiben die Regierung an, in dem sich einige Senatoren in Macht- und Sachfragen zerstritten haben. Im Sinne der Stadt ist das nur gut.
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