BERLINER MORGENPOST: Worte allein reichen nicht mehr - Leitartikel
Berlin (ots)
Als amerikanische Piloten 1948 und 1949 in ihre Flugzeuge stiegen, um West-Berlin über eine Luftbrücke zu versorgen, dachten sie nicht über ihre Freundschaft zu Deutschland nach. Der Zweite Weltkrieg lag gerade mal drei Jahre zurück. Ob es dieses Land wirklich schon verdiente, dass sie ihr Leben dafür einsetzen, konnten diese Soldaten so kurz nach Kriegsende nicht wissen. Es hielt sie nicht davon ab.
Heute halten zwei Drittel der befragten Deutschen ebendieses Amerika nicht für einen Partner, dem man vertrauen kann. Es wäre zu leicht, diesen erschreckend niedrigen Wert nur mit dem Skandal um die Abhörmethoden des amerikanischen Geheimdienstes NSA zu begründen. Die Aufregung über das abgehörte Handy der Bundeskanzlerin ist berechtigt. Aber das allein würde nicht reichen, um die USA nun ganz grundsätzlich als Partner infrage zu stellen.
Dadurch kommt vielmehr ein bisher versteckt gehaltener Antiamerikanismus zum Vorschein. Dieses diffuse Gefühl der Ablehnung ist in der deutschen Bevölkerung offenbar viel mehr verbreitet, als es bisher den Anschein hatte. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Denn Deutschland braucht Amerika als Partner. Beide Länder unterstützen die Demokratisierungsprozesse in Afrika und im Nahen Osten. Sie unterstützen einander, um den internationalen Terrorismus einzudämmen und um den Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern. Auch wirtschaftlich hängen beide voneinander ab. Außerhalb der Europäischen Union gibt es kein anderes Land, in das Deutschland mehr Waren liefert als nach Amerika.
Allerdings reichen für eine starke Partnerschaft nicht nur Worte. Es genügt nicht, wenn US-Außenminister John Kerry Deutschland als wichtigen Verbündeten lobt. Das sollte schon allein aufgrund der gemeinsamen Geschichte in den vergangenen Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit sein. Wichtiger ist nun ein ganz konkretes Signal für diese transatlantische Freundschaft. Das könnte das sogenannte No-Spy-Abkommen sein. So will die Bundesregierung noch vor Weihnachten mit den USA vereinbaren, dass künftig weder Bürger noch Politiker gegenseitig ausgespäht werden. Washington reagierte darauf zurückhaltend. Unabhängig davon, wie viel solch eine Abmachung tatsächlich bringt, wäre es für Deutschland der so dringend nötige Vertrauensbeweis.
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