BERLINER MORGENPOST: Die Bürde der Hauptstadt, Kommentar von Andreas Abel zu den finanziellen Lasten Berlins
Berlin (ots)
Die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist Berlin. So steht es im Grundgesetz. Da drängt sich das bekannte Klaus-Wowereit-Zitat geradezu auf: "Und das ist auch gut so." Allerdings stellt das Prädikat die Stadt auch vor große Herausforderungen, finanzielle und personelle. So ist Berlin gleichzeitig Hauptstadt der Demonstrationen. 5000 sind es mittlerweile pro Jahr in Berlin, doppelt so viele wie zu Beginn des Jahrtausends. Viele Organisatoren haben begriffen, dass sie wesentlich mehr Aufmerksamkeit erzielen, wenn sie mit ihrem Anliegen in der Hauptstadt auf die Straße gehen. Mal kommen zehn Teilnehmer zu den Demos, mal kommen 30.000. Doch immer muss die Polizei das Demonstrationsrecht sichern und Konflikte verhindern. Das bindet viel Personal. Auch unter der aktuellen Bedrohungslage leidet Berlin mehr als andere Städte. Hier stehen die Ministerien und Botschaftsgebäude, für die besondere Sicherheitsstandards gelten. Hier gibt es aber auch mehr Bahnhöfe und jüdische Einrichtungen, die geschützt werden müssen. Das alles zusammengenommen schafft eine Dauerbelastung für Berlins Polizei, die Konsequenzen für andere Aufgabenbereiche hat und die auch Menschen zu spüren bekommen, deren Alltag vermeintlich gar nicht von der Hauptstadt tangiert ist. So müssen inzwischen Bereitschaftspolizisten und sogar Mitarbeiter des Landeskriminalamtes im Objektschutz aushelfen. Sie fehlen dann an anderer Stelle. Es geht nicht darum, zu jammern. Aber der Bund muss sich an Ausgaben, die aus der Hauptstadtrolle Berlins resultieren, angemessen finanziell beteiligen. Die 2007 beschlossene Summe von 60 Millionen Euro hat sich längst überlebt, bildet die Realität nicht mehr ab. Die Forderungen des Senats nach einem kräftigen Zuschlag sind mehr als berechtigt. Abseits der Kassenlage ist es aus einem weiteren Grund wichtig, zu mehr Gerechtigkeit zu kommen. Um seine Hauptstadtrolle auszufüllen, braucht Berlin Bürger, die diese Aufgabe selbstbewusst und verantwortungsvoll mittragen. Das geht nur, wenn sie nicht den Eindruck haben, unter der Hauptstadt leiden zu müssen. Daran sollte auch der Bund ein Interesse haben.
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