BERLINER MORGENPOST: Abschied mit Wehmut - Leitartikel von Peter Zander zur Bilanz des scheidenden Berlinale-Chefs Dieter Kosslick
Berlin (ots)
Man hätte ihm einen stärkeren Abgang gewünscht. 18 Jahre lang hat Dieter Kosslick die Berlinale geleitet. Da will ein Festivalleiter gewöhnlich noch mal zeigen, was er kann. Und was mit ihm verloren geht. Doch sein letztes Programm blieb eher durchschnittlich. Und das ist, leider, Wasser auf den Mühlen der Kosslick-Kritiker, die seine Filmauswahl schon lange bekritteln.
Da half auch nicht, dass der Frauenanteil im Wettbewerb 41 Prozent betrug. Das macht einen guten Schnitt, aber noch keine guten Filme. Auch dass kein einziger US-Film im Wettbewerb lief, dass Kosslick so kurz vor der Oscar-Verleihung nicht eines der großen Hollywoodstudios nach Berlin bewegen konnte, zeigt, dass es mit seinen Kontakten vielleicht nicht mehr so weit her ist. Oder er war schon eine "lame duck", und alle bereiten sich auf die Zeit nach ihm vor.
Am Ende einer Ära aber verstärken sie die Missstimmung. Mit der Einladung der AfD ins Kino, die dann eskalierte, hat Kosslick allerdings ein Eigentor geschossen.Selbst der Publikumsandrang auf der Berlinale war nicht mehr so stark wie in den Vorjahren. Und bei vielen Filmen konnte man noch am Tag der Vorführung locker Tickets erwerben. Früher undenkbar. Das alles ist schade. Denn es verhagelt nicht nur die Bilanz der 69. Berlinale, es trübt auch die Bilanz der Ära Kosslick.
Seine Nachfolger Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, die im Juni übernehmen, treten in große Fußstapfen. Und müssen gleich ein großes Jubiläum stemmen, die 70. Berlinale. Ob die Berlinale so unterhaltsam bleibt wie bei Kosslick, darf man zumindest bezweifeln. Man wird sich noch nach ihm sehnen.
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