Berliner Morgenpost: Neuer Schlichter gesucht
Kommentar von Beate Kranz zur Bahn
Berlin (ots)
Um ihre Forderungen für die 180.000 Beschäftigten durchzusetzen, zieht die Eisenbahngewerkschaft EVG das schärfste Schwert im Arbeitskampf. In einer Urabstimmung lässt sie ihre Mitglieder abstimmen, ob sie bereit sind, für unbefristete Streiks die Arbeit niederzulegen. Angesichts der stark gestiegenen Inflation und der teils niedrigen Entlohnung mancher Beschäftigten dürfte die Zustimmung fast ein Selbstläufer sein. Leidtragende dieser Eskalation sind die Fahrgäste. Mitten in der Urlaubszeit müssen Millionen Reisende wieder täglich damit rechnen, dass Bahnverbindungen ausfallen.
Die Gewerkschaft EVG vertritt bei diesen Verhandlungen ihre Positionen besonders konsequent. Nicht nur ihre Forderungen von 12 Prozent mehr Lohn und 27 Monaten Laufzeit sind stolz. Sie setzt mit ihrer Unnachgiebigkeit ein klares Zeichen gegenüber dem Konzern, aber auch gegenüber der kleineren Lokführergewerkschaft GDL, die sich zuletzt bei Tarifkonflikten immer aggressiver positioniert hat. Im Wettbewerb mit der GDL um neue Gewerkschaftsmitglieder will auch die EVG ihren Mitgliedern beweisen, dass sie kämpfen kann.
Der Bahn ist vorzuwerfen, dass sie keinen Kompromiss erzielen konnte. Dabei kann sich der Staatskonzern neben seinem Verspätungsdesaster durch das marode Schienennetz keine weiteren Probleme leisten. Durch Streiks verspielt die Bahn aber weitere Sympathien bei ihren Kunden. Geiz bei der Bezahlung lockt zudem kein neues Personal an, das die Bahn so dringend sucht. Im Sinne aller sollten die Verhandlungen darum schnellstens in die Hände einer neutralen Schlichtung kommen - dies hat auch im öffentlichen Dienst zu einem guten Ergebnis geführt.
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