Berliner Morgenpost: Kommentar - Strauß
Berlin (ots)
Mit dem Urteil gegen Max Strauß wird eine der letzten Endmoränen einer ebenso prallen wie bizarren Region deutscher Politik abgeräumt. Vor dem Strafrichter landen jene, die an Regierungsgeschäften mitverdient haben. Es geschieht über den Umweg der Steuerfahndung, denn ihre Provisionen hatten sie dem Finanzamt natürlich nie angezeigt. Und indem der Steuerstaat fragt, woher das Geld kommt, beantwortet er der Öffentlichkeit nebenbei die Frage, wofür es gezahlt wurde. Dieses Prinzip brachte 1999 die CDU- Spendenaffäre ins Rollen und dieses Prinzip wird auch wirken, wenn Holger Pfahls einmal wegen Steuerhinterziehung seiner Thyssen- Millionen vor Gericht steht. Aber ist die Frage nach dem Wofür wirklich beantwortet? Offen bleibt doch, ob und inwieweit Strauß und Pfahls und andere korrumpiert waren, also staatliches Handeln mit Geld beeinflussten oder sich darin beeinflussen ließen. Denn das, wofür Pfahls und Strauß bezahlt wurden, ist Lobbying, Vermittlung, Anbahnung. Wie auch immer die Politik ist mit einem Hautgout behaftet. Daran ändert auch nichts, dass die Hintergründe der Geschäfte von Strauß Junior auch in diesem Prozess größtenteils im Dunkeln geblieben sind. Man mag dies bedauern oder erleichtert begrüßen, aber es ist so: Beweise für ein korrumptives Geflecht gibt es nicht. Auch die seit Jahren durch Andeutungen und Behauptungen anstatt durch Beweise verbreitete These, die frühere Bundesregierung Kohl sei bestechlich gewesen, bleibt was sie ist: die politisch motivierte üble Nachrede des politischen Gegners. Dennoch gibt es Lehren aus diesen Vorgängen: So stellt sich die Frage, ob nicht strenger geregelt werden müsste, dass Politiker sich nach ihrer aktiven Zeit nicht umgehend als Privatiers in ihrem früheren Geschäftsbereich betätigen dürfen. Allzu glatt gleiten Verantwortliche zwischen Behörden und Eigenbetrieben, Ministerien und Konzernen hin und her. Diese Konstruktion, der der Geruch der nachgelagerten Korruption anhaftet, ist auf kommunaler wie überregionaler Ebene leider weit verbreitet. Aber diese Einsicht trifft auf die Forderung, mehr unabhängiges Personal aus der Wirtschaft in die Politik zu holen und ihm auch eine Rückkehrmöglichkeit zu geben. Der Befund ist bedrückend: Die ungehemmte Osmose beider Bereiche birgt große Risiken.
ots-Originaltext: Berliner Morgenpost
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