Studie: Zahlungsverhalten im europäischen Vergleich
Darmstadt (ots)
Schlechte Zahlungsmoral und Forderungsausfälle belasten deutsche Unternehmen - Im europäischen Vergleich ist Deutschland nur Mittelklasse - Aktuelle Studie über die Zahlungsrisiken in Europa
Deutsche Unternehmen müssen durchschnittlich 15 Tage über das eigentliche Zahlungsziel hinaus warten, bis ihre Rechnungen bezahlt werden. Und rund 2,2 Prozent ihrer Forderungen müssen sie komplett als Verlust abschreiben. Damit sehen sich die Unternehmen in Deutschland einem hohen Forderungsrisiko ausgesetzt. Im europäischen Vergleich entspricht es in etwa dem in Ländern wie Lettland oder Ungarn.
Im jetzt veröffentlichten European Payment Index für das Frühjahr 2005, den das Forderungsmanagement-Unternehmen Intrum Justitia in 23 europäischen Ländern ermittelt hat, liegt Deutschland mit einem Indexwert von 154,4 lediglich im Mittelfeld. Ein Indexwert von 100 Punkten würde bedeuten, dass kein Zahlungsrisiko besteht, da die Zahlungen pünktlich und vollständig erfolgen. Positiver Spitzenreiter in Europa ist Finnland mit einem Indexwert von 121, Schlusslicht ist Portugal mit einem Indexwert von 184. Neben den skandinavischen Ländern mit durchschnittlich 129 Indexpunkten bestehen auch in den großen europäischen Wirtschaftsnationen wie Frankreich und Großbritannien mit 143 beziehungsweise 148 Indexpunkten geringere Zahlungsrisiken als in Deutschland.
Die Untersuchung von Intrum Justitia zeigt zudem, dass lediglich rund drei Prozent der befragten deutschen Unternehmer eine positive Trendwende erwarten. Zwei Drittel gehen davon aus, dass die Zahlungsrisiken auf dem bestehenden hohen Stand verbleiben. Knapp 30 Prozent prognostizieren sogar eine weitere Verschärfung der Zahlungsrisiken.
Zahlungsverzug als Kettenreaktion
Mit einem Zahlungsverzug von durchschnittlich 15 Tagen ist Deutschland nur europäisches Mittelmaß. Die kürzeste Verzugsdauer weist mit 5,3 Tagen Finnland auf, den längsten Zahlungsverzug beklagen die portugiesischen Unternehmen mit 38,7 Tagen. Insgesamt hat sich die Zahlungsdauer im gesamteuropäischen Durchschnitt im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um 1,2 Tage verschlechtert. "Dies mag auf den ersten Blick wenig erscheinen", so Michael Jung von Intrum Justitia Deutschland, "doch für ein Unternehmen mit 15 Millionen Euro Umsatz bedeutet dies, dass es 50.000 Euro zusätzliche Bankkredite aufnehmen muss."
Als Hauptgrund für verspätete Zahlungen geben deutsche Unternehmer Liquiditätsschwierigkeiten an, weil die Kunden zu spät bezahlen, weshalb sie dann ebenfalls die eigenen Rechnungen erst mit zeitlicher Verzögerung bezahlen. An zweiter Stelle werden ungenügende Bankfinanzierungskredite genannt, gefolgt von den Kostenvorteilen, die eine verspätete Bezahlung von Rechnungen gegenüber anderen Finanzierungsformen hat.
Lieferanten, die austauschbar sind, tragen die höchsten Zahlungsrisiken
Unternehmen mit Zahlungsschwierigkeiten verhalten sich der Untersuchung zufolge ausgesprochen selektiv bei der Bezahlung ihrer Verpflichtungen. Befragt danach, in welcher Reihenfolge ausstehende Zahlungen erfolgen, wurden an erster Stelle Rechnungen der wichtigsten Lieferanten genannt, gefolgt von Rechnungen der öffentlichen Hand (Steuern, Abgaben etc.). An dritter Stelle werden Zinsen und Amortisationen von Banken und Finanzgesellschaften bezahlt. Lieferanten, die für die eigene Produktion austauschbar sind, rangieren hingegen in der Prioritätenliste ganz weit hinten - und zwar unabhängig von der Höhe und des Alters der bestehenden Zahlungsverpflichtungen.
Bei Unternehmen, die über eine ausreichende Liquidität für das Bezahlen ihrer Verpflichtungen verfügen, haben eine einwandfreie Servicequalität und Termintreue einen maßgeblichen Einfluss auf die Zahlungsdauer. So gaben 76 Prozent der in Deutschland befragten Unternehmen an, dass sie rascher bezahlen, wenn sie mit den Lieferantenleistungen zufrieden sind. Zudem wird in solchen Fällen eine Mahnung bereits kurz nach der vereinbarten Zahlungsfrist positiv aufgenommen und führt ebenfalls zu einer rascheren Bezahlung. 64 Prozent der Befragten beurteilen nämlich einen frühzeitig verschickten Hinweis auf das Zahlungsversäumnis als positiv oder sogar sehr positiv, ein Drittel findet dies weder positiv noch negativ, und lediglich drei Prozent stufen die rasche Mahnung als negativ oder sehr negativ ein.
Forderungsverluste müssen durch zusätzliche Aufträge ausgeglichen werden
Die Forderungsverluste deutscher Unternehmen haben sich zwar im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 auf jetzt 2,2 Prozent verringert. Doch auch hier zeigt der europäische Vergleich, dass lediglich einige osteuropäische Länder sowie Portugal und Spanien höhere Forderungsverluste ausweisen. "Eine einfache Beispielrechnung verdeutlicht", so Michael Jung, "welche enormen Anstrengungen unternommen werden müssen, um diese Forderungsverluste auszugleichen." So müsse ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 12 Millionen Euro und einem durchschnittlichen Auftragswert von 750 Euro sowie einem Deckungsbeitrag von 20 Prozent einen Mehrumsatz von 1,3 Millionen Euro erwirtschaften, um den Zahlungsausfall zu kompensieren. Dies entspreche 1.760 zusätzlicher Aufträge.
Insolvenzstatistiken sind für die Einschätzung der Zahlungsrisiken nur bedingt tauglich
Nach Einschätzung von Intrum Justitia sind Insolvenzstatistiken für die Einschätzung der aktuellen Zahlungsrisiken nur beschränkt aussagekräftig. "Insolvenzzahlen sind vergangenheitsorientiert und beinhalten lediglich die Anzahl der Insolvenzfälle", erklärt Jung. Die aussagekräftigere Konkursmasse, also die Summe der betroffenen Forderungsbeträge, werde nicht ausgewiesen. Ein Anstieg der Insolvenzfälle müsse für die Gesamtwirtschaft deshalb nicht zwingend einen Anstieg der Forderungsverluste bedeuten. Ebenfalls von großer Bedeutung sei das zeitliche Auseinanderklaffen zwischen dem tatsächlichen Zeitpunkt des Schadensereignisses und dem Zeitpunkt der amtlichen Erfassung. "Insbesondere im internationalen Vergleich", so Jung, "führen rechtliche und steuerliche sowie auch kulturelle Aspekte zu einer weiteren Verzerrung der Aussagekraft." So werde zum Beispiel auch der Zahlungsverzug nur zu rund einem Drittel von der Konjunktur beeinflusst. Zwei Drittel der Gründe seien strukturell bedingt und würden in erster Linie durch gesetzliche und kulturelle Rahmenbedingungen definiert.
Über den European Payment Index
Der von Intrum Justitia entwickelte European Payment Index vergleicht seit 2004 zweimal jährlich die Zahlungsrisiken in über 20 Ländern Europas. Er basiert auf insgesamt acht Subindizes, die sich aus insgesamt 21 Schlüsselwerten wie Zahlungsfrist, Zahlungsverzug und Forderungsverlust berechnen. In die Berechnung fließen sowohl betriebswirtschaftliche Finanzkennzahlen als auch Einschätzungen von mehreren tausend befragten Unternehmen ein. Im European Payment Index bedeuten 100 Punkte, dass kein Zahlungsrisiko besteht, da Zahlungen pünktlich und vollständig erfolgen. Bei einem Indexwert von 101 bis 124 empfiehlt Intrum Justitia vorsorgliche Maßnahmen, ab 125 Indexpunkten werden Maßnahmen mit zunehmender Dringlichkeit zur Senkung des Zahlungsrisikos empfohlen, und ab einem Indexwert von 175 besteht dazu eine ausgeprägte Notwendigkeit.
Über Intrum Justitia
Die Intrum Justitia-Gruppe ist das führende Unternehmen für Forderungsmanagement in Europa. 2.900 Mitarbeiter in 21 europäischen Ländern bieten zurzeit mehr als 90.000 Kunden auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Dienstleistungen rund um Inkasso und Forderungsmanagement. Die Gruppe mit Hauptsitz in Stockholm betreut ein Forderungsvolumen von insgesamt rund neun Milliarden Euro. In 2003 erwirtschaftete sie einen Umsatz von 304 Millionen Euro. In Deutschland ist Intrum Justitia gemeinsam mit seinem traditionsreichen Tochterunternehmen Schimmelpfeng Forderungsmanagement GmbH am Markt aktiv. Das Leistungsportfolio umfasst das komplette Forderungsmanagement. Der Arbeit von Intrum Justitia liegt eine Unternehmens-Philosophie zugrunde, die sich in einer Botschaft zusammenfassen lässt: "Fair pay...please!" Sie kennzeichnet, dass sich das Unternehmen mit seinen Dienstleistungen als Mittler zwischen Gläubiger und Schuldner versteht.
Die komplette Studie zum European Payment Index kann bei www.intrum.de im Bereich Service heruntergeladen werden.
Pressekontakt:
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