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Neue Anerkennungsrichtlinie für Betroffene sexualisierter Gewalt: Evangelische Kirche und Diakonie reformieren Verfahren /

Hannover (ots)

Subhead:

Betroffene und die individuellen Folgen rücken in den Mittelpunkt, Kombimodell bei der Anerkennungsleistung

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat eine Anerkennungsrichtlinie für Betroffene sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie beschlossen. Die Richtlinie, die ermöglichen soll, dass Anerkennungsleistungen für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie bundesweit künftig nach einheitlichen Standards festgelegt werden, wurde am heutigen Freitag (21. März) vom Rat einstimmig verabschiedet. Zuvor hatte bereits die Kirchenkonferenz, in der die 20 Landeskirchen der EKD vertreten sind, der Richtlinie zugestimmt.

„Wir legen mit der neuen Richtlinie die Grundlage, um endlich den nicht hinnehmbaren Zustand zu beenden, dass Anerkennungsverfahren für ähnliche Taten in verschiedenen Landeskirchen zu verschiedenen Ergebnissen führen. Betroffene Personen haben dies völlig zurecht kritisiert“, stellt Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der EKD, klar. Die neue Richtlinie wurde auf Wunsch der Synode der EKD im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt mit Betroffenen und weiteren Expert*innen erarbeitet.

Die Richtlinie enthält zahlreiche Verbesserungen für Betroffene von sexualisierter Gewalt. Dazu gehört, dass die Anerkennungsleistungen künftig in einem Kombimodell erfolgen: Basis ist die individuelle Leistung, die die Menschen mit ihren individuellen Situationen in den Mittelpunkt stellt. Sie orientiert sich an der Tat und den individuellen Traumaspätfolgen für Betroffene und bewirkt, dass sie als Personen mit ihren jeweiligen spezifischen Erfahrungen gesehen und gehört werden. Für diese individuellen Leistungen gibt es keine Obergrenzen. Zusätzlich gibt es künftig eine pauschale Leistung in Höhe von 15.000 Euro in Fällen von strafbaren Taten. Diese wird auch gezahlt, wenn der Straftatbestand bereits verjährt ist. Insgesamt wird mit der Reform die Höhe der Anerkennungsleistungen steigen.

Weitere wichtige Ergebnisse sind ein Gesprächsrecht für Betroffene, die über das erfahrene Unrecht im geschützten Raum und mit Begleitung berichten können, sofern sie das möchten. Das Setting bestimmen die Betroffenen selbst. Hinzu kommen einheitliche Regelungen zur Zusammensetzung der Anerkennungskommissionen. Künftig müssen die Kommissionen aus externen Expert*innen aus verschiedenen Bereichen bestehen. Mindestens ein Mitglied muss die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder dürfen nicht bei Kirche oder Diakonie beschäftigt sein.

Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in den Landeskirchen und Landesverbänden der Diakonie. Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland: „Es kommt nun vor allem auf eine einheitliche und flächendeckende Umsetzung der Standards der Richtlinie an. Ziel ist es, das neue System nach Möglichkeit bereits bis zum 1. Januar 2026 in den Verbünden zu starten. Wir werden mit allen verantwortlichen Personen hierfür die notwendigen Entscheidungen veranlassen. Mit vereinten Kräften und einem klaren Ziel kommen wir so einem einheitlichen Vorgehen einen großen Schritt näher.“

Beteiligungsforum: Reform ist großer Durchbruch

Die Sprecher*innen des Beteiligtenforums Sexualisierte Gewalt (BeFo) werten die Reform als Durchbruch bei Anerkennungsleistungen. Detlev Zander, Sprecher der Gruppe der betroffenen Personen im Beteiligungsforum, sagt: „Bisher gibt es in Deutschland keine so weitgehende Anerkennung des erlittenen Leides und ihrer Traumaspätfolgen durch sexualisierte Gewalt. Die neue Richtlinie ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen, die durch vehementes Einfordern und der Forderung nach zügiger Umsetzung durch das Beteiligungsforum geführt wurden.“

Nancy Janz, Sprecherin der Betroffenengruppe im Beteiligungsforum, betont, dass mit der Richtlinie eine Vielzahl an Verbesserungen für betroffene Personen erreicht worden ist: „Für mich ist es ein großer Erfolg, dass es für die individuellen Leistungen keine Obergrenze mehr gibt. Mit der Reform wird die Höhe der Anerkennungsleistungen insgesamt deutlich steigen. Hinzu kommt, dass endlich auch nicht-verjährte Fälle in den Kommissionen behandelt werden können und Betroffene sexualisierter Gewalt ein Gesprächsrecht haben, wenn sie es wünschen.“

Dorothee Wüst, Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum, weist auf die Bedeutung des gemeinsamen Vorgehens von Kirche und Diakonie hin: „Die Anerkennungsrichtlinie schafft eine neue Einheitlichkeit. Egal ob Fälle aus dem kirchlichen oder diakonischen Kontext kommen, sie können vor die Anerkennungskommissionen gebracht und dort nach einheitlichen Standards bearbeitet werden. In der Umsetzung ist hierbei auch auf einen guten Einbezug der Jugendverbände zu achten.“

Janz und Zander, die Sprecher*innen der Gruppe der Betroffenen im Beteiligungsforum, nehmen die Landeskirchen und diakonischen Landesverbände in die Pflicht, die Reform konsequent und schnell umzusetzen: „Das Beteiligungsforum wird diesen Prozess eng begleiten. Als Betroffenen-Vertreter*innen gehen wir davon aus, dass die Planungen und Umsetzung bis zum 1.1.2026 stehen.“

Die Richtlinie und weitere Informationen zur Anerkennungsrichtlinie sind unter

www.ekd.de/anerkennungsrichtlinie abrufbar.

Hannover, 21. März 2025

Pressestelle der EKD

Carsten Splitt

Pressestelle der Diakonie Deutschland

Verena Götze

Hinweise für die Redaktionen:

Die Kontaktdaten der Sprecher*innen des Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der EKD sind zu finden unter:

Beauftragte – EKD

Betroffenenvertretung – EKD

Über den aktuellen Stand der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie und den Stand der Bearbeitung der ForuM-Empfehlungen informiert regelmäßig das „ForuM-Bulletin“. Der Newsletter kann unter www.ekd.de/ForuM-Bulletin abonniert werden.

Weitere Informationen zur ForuM-Studie und zum Maßnahmenplan gegen sexualisierte Gewalt unter: www.ekd.de/missbrauch

Informationen zur Präventionsarbeit in Landeskirchen und Diakonie: www.hinschauen-helfen-handeln.de

Ansprechpersonen für Betroffene sexualisierter Gewalt:

www.Anlaufstelle.help

www.ekd.de/Ansprechpartner-fuer-Missbrauchsopfer-23994.htm

Das bundesweite Hilfe-Portal/Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch ist ein Angebot der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs:

https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/hilfe-telefon / 0800 22 55 530

Diese Pressemitteilung wird von den Pressestellen der Diakonie Deutschland und der EKD zeitgleich verschickt. Mehrfachzusendungen bitten wir zu entschuldigen.

Pressekontakt:

Carsten Splitt
Evangelische Kirche in Deutschland
Pressestelle
Stabsstelle Kommunikation
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: presse@ekd.de

Original-Content von: EKD - Evangelische Kirche in Deutschland, übermittelt durch news aktuell

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