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WAZ: Es waren einmal die "Straßenfeger". Kommentar von Hans-Josef Justen

Essen (ots)

Wimbledon und die Tour de France. Fix-Daten im
Jahreskalender der Sportfans. Genau wie die Leichtathletik, ein 
Renner, ein Quotenbringer fürs Fernsehen. Vorbei. Das berühmteste 
Tennis-Turnier der Welt hat lediglich beim Bezahl-Fernsehsender 
Premiere und in einer täglichen Abend-Zusammenfassung des DSF 
stattgefunden, ehe Rainer Schüttler die Öffentlich-Rechtlichen durch 
seine sensationellen Erfolge wenigstens vorübergehend und 
häppchenweise zur Berichterstattung animierte. Die 
Frankreich-Rundfahrt, zu den den längst verblichenen Glanzzeiten von 
Jan Ullrich der ganz große Hit im Wohnzimmer-Kino, lockte zur 
Premiere der 95. Inszenierung lediglich 860 000 Interessenten vor die
Mattscheibe, und auch mit der "Königin aller Sportarten", wie die 
Leichtathletik genannt wurde, ist längst kein Staat mehr zu machen. 
Es ist vielmehr die Abkehr von den Straßenfegern.
Die Ursachenforschung fokussiert sich im Wesentlichen auf diese 
Fakten: Auf fehlende deutsche Stars wie Steffi Graf, Boris Becker und
Michael Stich, die Tennis in Schwung und in Mode brachten. Auf 
fehlende Idole wie Heide Rosendahl oder Ulrike Meyfarth, von denen 
das Image der Leichtathletik profitierte. Auf das besudelte Ansehen 
des Radsports, das unter den Dopingskandalen der vergangenen zehn 
Jahren in einem schwer erträglichen Maße gelitten hat.
Bei der Tour de France zu gewinnen, bei dieser Tortur der Leiden 
zu triumphieren, überforderte die menschliche Leistungsfähigkeit 
eigentlich immer schon. Dennoch sind "Helden" wie Eddy Merckx und 
Bernard Hinault, wie Lance Armstrong und Jan Ullrich vom Publikum 
gefeiert worden, bis die allgemeine Sensibilität gegenüber dem 
professionellen Radsport durch haarsträubende Affären um Fahrer, um 
verantwortunsglose Mediziner (Uni Freiburg), um offenbar ignorante 
Sponsoren (Team Telekom und andere) geschärft wurde. Und das 
verzweifelte Bemühen der Tour-Organisation, den Glauben an eine 
bessere, an an eine gesäuberte Zukunft zurückzuholen, ist gleich zum 
Auftakt heftig erschüttert worden: Der Spanier Alejandro Valverde, 
angeblich beim berüchtigten Madrider Blut-Bank-Arzt Fuentes auf der 
"Patientenliste", gewann die erste Etappe und fährt heute in Gelb 
weiter.
"Ich habe Probleme, gegen Valverde anzutreten", sagte der 
Erfurter Rad-Profi Sebastian Lang. Und Millionen von früheren 
Radsport-Fans haben Probleme, sich diese Schmierenkomödie anzusehen.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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