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WAZ: Rettungspaket im Eilverfahren - Selbstbewusste Politik, demütige Manager. Leitartikel von Ulf Meinke

Essen (ots)

Noch nie hat ein Gesetz so schnell die
parlamentarischen Hürden genommen. Innerhalb weniger Tage raste der 
Gesetzestext durch Bundestag und Bundesrat, wurde per E-Mail zurück 
an die Regierung geschickt, dort ausgedruckt und zum 
Bundespräsidenten gebracht. Mit seiner Unterschrift besiegelte Horst 
Köhler den 500-Milliarden-Euro-Rettungsplan.
Die Gesetzgebung im Ad-hoc-Verfahren haucht Managern Demut ein 
und gibt der Politik lange vermisstes Selbstvertrauen zurück. Während
Josef Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, freiwillig auf 
millionenschwere Bonuszahlungen verzichten will, erweist sich der 
Staat als das, was Bundeskanzlerin Angela Merkel "Hüter der Ordnung" 
nennt. Klammheimliche Freude macht sich in der politischen Klasse 
breit. Endlich einmal können Politiker den Managern sagen, wo es 
langgeht - und nicht umgekehrt. Viel ist dieser Tage vom Primat der 
Politik die Rede. Richtig ist allerdings: Die Finanzmarktkrise hat 
ihre Ursachen in kollektivem Versagen. Letztlich führt die Diskussion
über Staats- oder Marktversagen nicht zum Ziel. Es ist blamabel, wie 
das Risiko-Management der Banken angesichts von Gier und Größenwahn 
versagt hat. Aber es ist der Staat, der die Regeln setzt. Beide - 
Staat und Markt - haben zeitweilig den Überblick verloren.
Nun überbieten sich die Akteure mit historischen Vergleichen. 
Außenminister Frank-Walter Steinmeier spricht vom "größten Einschnitt
seit dem Fall der Mauer". Ökonomen fühlen sich an die Schockwellen 
nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erinnert. 
Tatsächlich wird die Finanzmarktkrise der Amtszeit von Angela Merkel 
ihren Stempel aufdrücken - ähnlich wie der RAF-Terror die 
Regierungszeit von Helmut Schmidt geprägt hat oder die deutsche 
Einheit die Ära Helmut Kohl.
Niemand kann genau überblicken, was die langfristigen Folgen der 
Krise sein werden. Man muss befürchten, dass die Wirtschaft auf eine 
Rezession zusteuert, dass der Arbeitsmarkt Schwäche zeigt, die 
sozialen Sicherungssysteme unter Druck geraten. Womöglich gelingt es 
der Politik, das Feuer einstweilen zu löschen. Dann sollte sie die 
Ursachen des Brands erforschen. Die künftige Finanzarchitektur muss 
so beschaffen sein, dass keine neuen Feuer mehr aufflammen. Ja, die 
Regierung hat entschlossen gehandelt wie selten zuvor. Doch damit ist
ihre Arbeit längst nicht getan. Demokratie und soziale 
Marktwirtschaft stehen vor enormen Herausforderungen. Dass ihr neues 
Selbstvertrauen gerechtfertigt ist, muss die Politik auch dauerhaft 
beweisen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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