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WAZ: Politischer Aschermittwoch - Horst Obama gegen Angela Merkel - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Der politische Aschermittwoch hat in Bayern
besonders großartig zu sein, weil er dort erfunden worden ist. Und 
weil Horst Seehofer ihn erstmals als CSU-Vorsitzender erlebt. Und 
weil die Partei ihren verlorenen bundespolitischen Anspruch 
wiederhaben will. Und weil Europawahl und Bundestagswahl anstehen. 
Also griff Seehofer, der mit dem US-Präsidenten verblüffend wenig 
Ähnlichkeit hat, von seinen Anhängern aber trotzdem als bayerischer 
Barack Obama bejubelt wurde, mächtig an. Da man im Kampf gegen eine 
ohnehin mächtig angegriffene SPD kaum wie ein Drachentöter aussieht, 
demonstrierte Seehofer seine Kraft gegenüber der Kanzlerin.
Dass der CSU-Chef ankündigte, er werde nicht wie ein 
eingefetteter Aal zu Verhandlungen ins Kanzleramt schleichen, dürfte 
Angela Merkel wenig überraschen. Mit seiner vehementen Forderung nach
Volksentscheiden auf europäischer Ebene aber hat Seehofer den 
Wahlkampf der CSU eröffnet - nicht nur ohne die CDU und die 
Kanzlerin, sondern gegen sie. Mit Volksentscheiden, davon ist Merkel 
überzeugt, wäre das europäische Projekt nie bis zum Euro 
fortgeschritten. Allein die Diskussion über Volksentscheide würde 
zudem die Kanzlerin des größten Mitgliedslandes auf der europäischen 
Ebene bereits reduzieren.
Nebenbei hat Seehofer der Kanzlerin vermittelt, dass er im 
Wahlkampf keine Rücksicht nehmen wird. SPD-Chef Franz Müntefering 
nahm die Botschaft unverzüglich auf und warnte Merkel davor, dass 
Seehofer ihr die Kanzlerschaft streitig machen könnte - was nur 
vordergründig eine für den Aschermittwoch typische Gehässigkeit ist.
Tatsächlich erweckt Horst Obama zunehmend den Eindruck, er ziehe 
oder schiebe die Kanzlerin durch die Regierungsgeschäfte. Merkels 
Pragmatismus setzt Seehofer seinen auch in der Darbietung gekonnten 
Populismus zum ständigen Vergleich entgegen. Die SPD präsentierte 
sich in ihrer vielleicht klugen Arbeitsteilung. Während 
Kanzlerkandidat Steinmeier der Union Orientierungslosigkeit, 
Führungslosigkeit und andere Losigkeiten vorwarf, sprach der 
Vorsitzende über Sorgen in der Krise, über Regeln für die 
Finanzmärkte, über Demokratie und menschliches Miteinander. 
Müntefering kann das erstens in guten einfachen Worten, und zweitens 
kann Merkel das schlecht. Die Emotionslosigkeit der Kanzlerin könnte 
sich in den mutmaßlich noch schwerer werdenden Zeiten als ihre größte
Schwäche erweisen - beständig ausgeleuchtet von Seehofer und 
Müntefering.

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