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WAZ: Manager-Schelte - Der Gipfel vor dem Gipfel. Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Die Manager der Dresdner Bank haben der Politik
einen großen Gefallen getan. Die Gier, mit der sich die ehemaligen 
Chefs trotz Versagens die Millionen in die Tasche gesteckt haben, 
erlaubt es der Kanzlerin und anderen, endlich mal wieder ihrem Volk 
aus der Seele zu sprechen. Unanständig, unglaublich, schamlos.
Die Empörung ist berechtigt, sie treibt das Volk auf die Straße 
und lässt Populisten wie Oskar Lafontaine fröhlich in die Tasten 
greifen. 80 Prozent Spitzensteuersatz, um den "Ganoven das Geld 
wegzunehmen". Nie war der Ruf von Wirtschaftsführern derart 
ramponiert. In Frankreich nahmen Mitarbeiter ihre Chefs in 
Geiselhaft, in den USA fahren Touristenbusse die Villen der 
AIG-Manager ab.
Eine Lösung für die Krise ist das nicht. Zumal manche Analyse zu 
kurz greift. In der Krise dürfe der normale Maßstab nicht verloren 
gehen, sagte Merkel. Das kann man auch umgekehrt sehen. Ist nicht 
eher der normal gewordene Maßstab, ein sattes Gehalt ohne 
Verantwortung für Fehlentscheidungen zu kassieren, Ursache dieser 
Krise? Wenn Banken Angestellte danach bezahlen, wie viele 
Hypothekendarlehen sie an Arbeitslose verkaufen, wenn Manager 
versagen und dennoch Millionen einstreichen, ist grundlegend etwas 
faul. "Haftung ist eine Voraussetzung für die Wirtschaftsordnung des 
Wettbewerbs", schrieb Walter Eucken, ein Gründervater der sozialen 
Marktwirtschaft, 1952 und sagte bei Zuwiderhandlung eine 
Verstaatlichung voraus. Es gibt sie noch, die Ökonomen, die mit ihren
Vorhersagen recht behalten.
Im Moment ist offenbar noch nicht die Zeit der Rückschau. 
Krisenmanagement ist angesagt. Ab Donnerstag versuchen 20 Staats- und
Regierungschefs unter dem Protest zigtausender Globalisierungsgegner 
die Weltwirtschaft zu retten. Der Gipfel in London steht vor einer 
enormen Herausforderung: Er muss den Laden zusammenhalten, klar 
machen, dass die Welt gemeinsam handelt und nicht bloß gemeinsame 
Erklärungen abgibt, um kurz darauf hinter den eigenen Jägerzäunen zu 
veschwinden. Der freie Welthandel ist nicht Ursache der Krise. Seit 
1980 ist die Lebenserwartung überall in der Welt - Afrika ausgenommen
- gestiegen, hat die Kindersterblichkeit ab- und der Wohlstand 
zugenommen. Eine Ent-Globalisierung würde die Krise enorm 
verschärfen. Aber noch etwas muss der Gipfel leisten. Er muss - und 
das widerspricht den Interessen der USA und Briten - klar machen, mit
welcher neuen Ordnung die Krise bewältigt wird. Abtauchen, und nach 
der Welle weiter machen wie bisher, darf es nicht geben.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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