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WAZ: Heute kommt Steinmeiers Plan - Was Versprechen in der Krise wert sind. Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Es ist vernünftig, auf sparsame Energie zu setzen
und also auch auf Elektro-Autos. Und auf Gesundheits- wie 
Kreativitäts-Wirtschaft. Ein Mittelstands-Gipfel mit Banken, um die 
Kreditklemme zu lösen, ist wichtig und aktuell. Darum ist der 
Deutschland-Plan des SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier durchaus 
zeitgemäß, die schnoddrige Fundamental-Kritik von Union und FDP 
dagegen erschreckend durchsichtig. Und weshalb sollte man Steinmeier 
übel nehmen, mit alldem die Hoffnung auf neue Arbeitsplätze (bis 
2020!) zu verbinden, immerhin knüpft er damit an die Tradition der 
SPD als Partei der Arbeit an.
Wichtiger als das, was die Union erzählt, ist für Steinmeier und 
die Seinen Anderes: Dass eine Gewerkschaft nach der anderen es 
ablehnt, ihren Mitgliedern die SPD bei der Wahl anzuempfehlen. Der 
Grund dafür ist nicht nur die Links-Partei, sondern ausdrücklich auch
die Union. Auch der IG Metall ist aufgefallen, dass die Union keine 
Einwände gegen Mindestlöhne mehr hat, falls diese sich denn auf 
bestimmte Branchen beziehen, sich für eine Erhöhung des 
Schonvermögens für Hartz-Vier-Empfänger oder höhere Renten ausspricht
und dafür, Geringverdienern die Steuern zu kürzen.
Die Gewerkschaften registrieren den verringerten Abstand zwischen
SPD und Union. Das macht es für die Sozialdemokraten nicht eben 
einfacher, Ziele zu finden, die sie exklusiv haben. Gesundheits- und 
Kreativ-Wirtschaft und Elektro-Mobilität werden, wie anderswo auch, 
von der nordrhein-westfälischen Regierung gefördert. Und auf den vom 
Finanzminister angekündigten Börsen-TÜV warten wir immer noch.
Ein anderer Einwand richtet sich gegen allzu billige, also teure 
Versprechen. Sie trifft SPD wie Union gleichermaßen: Die nächste 
Regierung hat kein Geld. Nicht für Wohltaten, nicht für 
Steuersenkungen. Sie wird, ganz gleich, wer sie führt, nur ein 
einziges Ziel verfolgen können: Mit weniger Geld klarzukommen. Laut 
RWI fehlen den Sozialkassen 30 Milliarden Euro und entweder die 
Beiträge steigen, was dem Arbeitsmarkt schadet, oder es gibt eine 
neue Agenda 2020, was die SPD umbringt, oder eben, die Steuern 
steigen. Das könnte sich zum größten Problem für 
versprechens-gewohnte Wahlkämpfer auswachsen: die Wähler wissen oder 
ahnen, dass es keine Spielräume mehr gibt, Geld zu verteilen.
Sehr seltsam, wie die anscheinend ungebremste Rückkehr des 
Casino-Kapitalismus einhergeht mit der Renaissance des sorglosen 
Verteiler-Staates. Krise - war da was?

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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