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WAZ: Die eingehegte FDP - Politik ohne Geld - Leitartikel von Thomas Wels
Essen (ots)
Kurz bevor heute die Arbeitsgruppe Haushalt der schwarz-gelben Koalitionäre tagt, hat der liberale Finanzpolitiker Hermann Otto Solms öffentlich gesagt, was ohnehin jeder wusste: Geld ist alle. Für eine durchgreifende Steuerreform und große Entlastungen fehlen die Mittel, eine Steuerentlastung auf Pump verbiete sich.
Kritiker der Liberalen werden das als Beleg nehmen für unseriöse, weil von vorneherein nicht haltbare Wahlversprechen. Das geht in Ordnung. Ein großer Fehler wäre es aber, sich weiterhin die Sinne mit einem "Wussten-wir's-doch" zu benebeln und die FDP als Regierungspartei nicht ernst zu nehmen. Gerade aus Sicht der SPD.
Das Gerede von den eiseskalten Liberalen zieht nicht mehr. Das Schreckgespenst einer schwarz-gelben Sozialabbau-Koalition entfaltet im Volk inzwischen so wenig Grauen wie Hui Buh, das Schlossgespenst im Kinderzimmer. Der Kampfbegriff "neoliberal" hat Durchschlagskraft verloren. Die FDP ist eingehegt, domestiziert durch mehrere schwarz-gelbe Koalitionen in Bundesländern, allen voran der in Nordrhein-Westfalen. Abgesehen von der Einführung der Studiengebühren ist ein Aufschrei ausgeblieben. Und selbst Studiengebühren taugen nicht als Mobilisierungsthema, zumal es Arbeitern als sozialpolitisch durchaus vernünftig erscheint, wenn nicht etwa ausgebildete Lehrlinge, sondern künftige Akademiker dafür mit bezahlen, dass sie später tendenziell zu den Besserverdienenden zählen.
Peer Steinbrück hat es seiner Partei in seiner Abschiedsabrechnung ins Stammbuch geschrieben: 1,5 Millionen SPD-Wähler sind zu Schwarz-Gelb gewechselt, 400 000 mehr als zur Linkspartei. Zehn Prozent der Arbeitslosen haben die Liberalen gewählt, 13 Prozent der Arbeiter und Rentner. Und wo ist die Antwort auf das Mysterium, dass an den Opel-Standorten die FDP ebenfalls hinzugewonnen, wohingegen die SPD dramatisch verloren hat? In Umfragen standen Arbeiter der Opel-Rettung sehr viel ablehnender gegenüber als der Bevölkerungsdurchschnitt. Offenbar hat die soziale Marktwirtschaft ihre Fans, trotz Finanzkrise und Globalisierung.
Eine sozialdemokratisierte Union, die das Grundsatzprogramm des Leipziger Parteitags ins Kellerarchiv verstaut hat, trifft auf eine FDP, die die ordoliberalen Grundsätze der Väter der Marktwirtschaft aus selbigem hervor gekramt hat. Angereichert um Soziales und Umwelt. Die Mitte ist besetzt. Jetzt darf man gespannt sein, wie die Koalition regiert. Und Politik ohne Geld macht.
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