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WAZ: Merkel durfte sich nicht freuen. Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Zwei Fragen: 1. War, wie Helmut Schmidt argumentiert, die Tötung bin Ladens ein Verstoß gegen das Völkerrecht? 2. Durfte Angela Merkel sich, wie sie bekannte, über den Tod des Top-Terroristen freuen?

1. Der Altkanzler irrt. Gestern hat der UN-Sicherheitsrat den Tod bin Ladens begrüßt. Schon damit ist die Frage, ob es sich um einen Verstoß gegen das Völkerrecht handelt, vom Tisch. Der UN-Sicherheitsrat ist Träger des Völkerrechts. Er kann nicht dagegen verstoßen. Ob Sicherheitsratsmitglieder wie Russland und China mit ihrer Zustimmung durchsichtige Ziele in ihrem Anti-Terror-Kampf verbinden, ist dafür nicht von Belang. Außerdem hat Pakistans Regierung dem Einsatz im Nachhinein zugestimmt; damit hat sich der Vorwurf eines völkerrechtswidrigen Verstoßes gegen die Souveränität eines Staates erledigt. Schließlich ist noch offen, ob es sich um eine gezielte Tötungs-Aktion handelte oder um einen Festnahmeversuch, bei dem bin Laden starb. Hätte er, wie amerikanische Quellen berichten, selbst geschossen, wäre es ohnehin vom Recht gedeckte US-Notwehr gewesen.

2. Die Kanzlerin lag daneben. Merkel durfte nicht sagen, sie habe sich über bin Ladens Tod gefreut. So eine unnötige Provokation darf einem Regierungschef nicht passieren, schon gar nicht einer Kanzlerin, die eine Partei führt, die sich auf christliche Werte bezieht. Der Tod eines Menschen ist nun einmal kein Grund zur Freude, selbst wenn es sich um einen Kapitalverbrecher handelt. US-Präsident Obama hat mit seiner angemessenen Rede klar gemacht, wie man es richtig macht. "Justice is done" - der Gerechtigkeit ist Genüge getan. Der US-Regierungschef verbuchte seinen größten politischen Triumph, der ihn in die Geschichtsbücher bringen wird - und verzichtete auf jede Triumph-Geste. Das zeigt Größe.

Fazit: Obama hat das Völkerrecht auf seiner Seite. Merkel hätte sich zurückhaltender äußern müssen.

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