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WAZ: Merkel steckt im Syrien-Dilemma - Kommentar von Ulrich Reitz
Essen (ots)
Man kann der Bundesregierung in der Syrienkrise Hasenfüßigkeit vorhalten. Wenn man einen amerikanischen Angriff auf Syrien für richtig hält. Wenn man sich erhofft, Deutschland möge sich daran beteiligen, zur Not mit Waffengewalt. Das Problem ist nur: Es gibt für die Zurückhaltung der Regierung Merkel gute Gründe, abgesehen davon, dass eine große Mehrheit der Deutschen ein militärisches Eingreifen in Syrien nicht will, Giftgas hin oder her. In der Außenpolitik kann man bisweilen schlecht aussehen. Merkel will keinen Krieg gegen Syrien, trotzdem traditionell an der Seite der Amerikaner stehen und, dass Europa mit einer Stimme spricht. Merkel will aber auch Waffen liefern an Saudi-Arabien, obwohl die Saudis auf syrischem Boden gerne einen Stellvertreterkrieg gegen den Iran führen würden. Alles zusammen geht nicht. So bleibt Merkel nur, den Amerikanern moralischen, aber eben keinen militärischen Beistand zu versprechen. Auf die Kraft der Weltgemeinschaft zu hoffen, wissend, dass Russland und China ihre Position an der Seite Assads nicht aufgeben werden. Am Freitagabend, als Merkel als einzige Europäerin eine forsche, einen Militärschlag vorweg nehmende G20-Erklärung nicht gegenzeichnete, sah es schon nach einer üblen Isolation Deutschlands aus. Sie kam zustande, weil Deutschland eben bei Syrien nicht so forsch ist wie Frankreich, England und Spanien. Aber auch, weil Paris, London und Madrid wohl versprochen hatten, auf den Rest Europas zu warten - und sich daran dann nicht hielten. Sie wollten Fakten schaffen. Am Samstag waren dann die Europäer - auf einer mittleren Linie - einig und Westerwelle konnte mitteilen, Deutschland unterzeichne die G20-Erklärung nun doch. Schönheitspreise gewinnt man so sicher nicht. Die Wahrheit ist schlicht wie schlecht. Die Vereinten Nationen verabschieden sich bei Syrien aus der Weltpolitik. Die Amerikaner schwanken zwischen Isolation und Weltpolizei. Die Europäer bleiben friedliebend und nehmen Flüchtlinge auf. Assad macht weiter.
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