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WAZ: Auf die SPD ist einstweilen Verlass. Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Man konnte sich Sigmar Gabriel schon als Fußnote der Geschichte vorstellen. Vor vier Wochen war das, am Tag der Bundestagswahl, als der Machtkampf begann zwischen ihm und Hannelore Kraft. Der SPD-Chef drängte von Wahlsonntag Nachmittag an in eine schnelle Koalition mit Wahlsiegerin Merkel, die NRW-Kümmerin hätte, die eigenen Interessen und die ihrer Landespartei fest im Blick, die Bundes-SPD am liebsten in der Opposition gesehen. Heute muss man feststellen: Gabriel hat gewonnen. Auf Macht versteht er sich. Gereicht hat es für die Funktionäre. Ob es auch für die Mitglieder reicht - offen. Nun also Richtung Große Koalition. Es wird ein Bündnis zweier Wohlfühlparteien, die lieber Milliarden fürs Soziale ausgeben als beispielsweise Schulden abzubauen. Weil auch die Union, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen, so tickt, brauchte Gabriel wenig wirklich durchzusetzen. Die SPD-Funktionäre winkten gestern durch, was Gabriel zuvor mit Merkel und Bayerns Seehofer abgestimmt hatte. Diese Große Koalition der Verteiler passt in die Zeit. Deutschland geht es gut, die Arbeitslosigkeit ist so tief wie lange nicht, die Steuer-Einnahmen sind auf einem Rekordhoch. Von Mütter- bis höherer Mindestrente, von mehr Geld für Bildung und Straßen - für sich genommen ist das alles nachvollziehbar. Es ist nur eben teuer, am Ende werden wohl mehr als 20 Milliarden Euro pro Jahr zusammen kommen. Als Schröders Agenda verabschiedet wurde, war Deutschland so gut wie pleite und fünf Millionen Menschen waren arbeitslos. Es war die Zeit der Zumutungen. Heute ist die Zeit der Geschenke. Darin liegt aber auch die Gefahr, es mit dem Geldausgeben zu übertreiben. Dass Deutschland so gut dasteht, verdanken wir eben auch Schröders unbequemen Reformen. Wenn Merkel das zurück dreht, wettet sie auf die gute Konjunktur. Das kann gut gehen, muss es aber nicht. Und manches, was sozial daher kommt, wie der hohe Mindestlohn, ist es am Ende vielleicht nicht. Man gönnt jedem Geringverdiener eine Lohnerhöhung. Wie viele Jobs das kostet, weiß aber niemand.

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