Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Die Koalition trägt Spendierhosen. Kommentar von Ulrich Reitz
Essen (ots)
1991 hat Helmut Kohl den Solidaritätszuschlag eingeführt. Zum Aufbau Ost vor allem. Auch Kohl wusste: Steuern zu erhöhen, das ist unpopulär. Deshalb der patriotische Anstrich: Deutsche West und Deutsche Ost zahlen für Deutschlands Blüte. Es war schon damals eine Art Vorspiegelung falscher Tatsachen. Der Zuschlag ist nämlich eine Steuer. Und für Steuern gilt: sie dürfen nicht zweckgebunden erhoben werden. Der Soli fließt in den Bundeshaushalt. Und wird für alles Mögliche verwendet. Jedenfalls versprach Kohl, der Soli werde in einem Jahr abgeschafft. Das ist jetzt gute 22 Jahre her. Als die FDP den Soli abschaffen wollte, widersprach Finanzminister Schäuble. Diese Steuer sei Teil des Solidarpakts, der laufe bis 2019. Nun konnte man als Steuerzahler hoffen, ab 2020 sein Geld wieder behalten zu dürfen. Damit ist jetzt Schluss. Merkel will den Soli auch danach nicht streichen. Nun hat die neue Bauministerin Hendricks (SPD) begründet, warum: Er müsse nach Bedürftigkeit der Städte und Regionen und nicht nach Himmelsrichtung eingesetzt werden. Man fragt sich, weshalb das bisher anders gehalten wurde, wenn dies doch so offensichtlicher Blödsinn war. Dumm nur, dass der Soli-Ertrag, siehe oben, schon heute nicht nach Himmelsrichtung vergeben wird, sondern in den Bundeshaushalt fließt. Was an der Argumentation von Union und SPD vor allem stören kann, ist die dahinter stehende Haltung: Das Geld ist da, es ist nur die Frage, wie wir es gerecht verteilen. Wir, das sind die Politiker. Sie steuern aber selbst zum Soli nur ein paar Euro fuffzig bei. Die gut 13 Milliarden pro Jahr kommen vom Steuerzahler. Doch die Große Koalition interessiert sich nicht für die Herkunft des Geldes, sie will Gutes tun und die Bürger sollen dafür bezahlen. Das könnte zum Markenzeichen dieses Elefantenbündnisses werden: Es hat elefantöse Spendierhosen an. Gerade haben SPD und Union Wohltaten beschlossen, wobei sie stets über deren Sinn reden, nicht über deren Finanzierbarkeit. Für die Mütterrente und die Rente ab 63 müssen die Steuerzahler, die jetzt noch arbeiten, auf eine Senkung ihrer Rentenbeiträge verzichten. Es ist eine Art von Enteignung. Dasselbe ist mit dem Soli geplant. Solide ist anders.
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