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WAZ: Trumps Triumph - eine Warnung für Europa - Leitartikel von WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock zur Präsidentenwahl in den USA
Essen (ots)
Donald Trump ist ein Rassist, ein Chauvinist, ein Lügner, ein Hetzer, ein Heuchler. Donald Trump ist in erheblichem Maße mitverantwortlich für den schmutzigsten Wahlkampf in der Geschichte Amerikas. Donald Trump hat Hass gesät und das Amt des US-Präsidenten geerntet. Donald Trump ist jetzt formal der mächtigste Mann der Welt - eine schlimme Vorstellung. Nun mag man sich noch lange empören über die vermeintlich undemokratischen, dummen, überforderten Amerikaner. Man mag sie beschimpfen, weil sie nicht nach Anstand und Vernunft entschieden haben. Man mag sich fremdschämen. Aber sie haben es getan. Und es war keine knappe Entscheidung, es gab keine nennenswerten Unregelmäßigkeiten. Volkes Wille hat entschieden.
Fest steht, dass Trump der 45. Präsident der USA wird. Doch alles andere ist unklar. Bisher und in naher Zukunft kann niemand schlüssig die Frage beantworten, was von Trump künftig zu erwarten ist. Wofür steht er, wie wird er handeln? Was bedeutet sein Triumph für die USA, für deren Nachbarn, für Europa, für Asien, für die Konflikte in der Welt? Es gibt keine Antwort. Dies ist eine logische Folge des Wahlkampfs. Denn es ging in den vergangenen Monaten nicht um Zahlen, Daten, Fakten, nicht um Programme oder Inhalte. Im "postfaktischen Zeitalter", also in einer Zeit, in der man ohne Belege oder Beweise irgendetwas behauptet und es über verschiedenste Kanäle herausbläst, wird politisches Handeln unberechenbarer denn je. Emotionen und Ängste, Vorbehalte und Vorurteile sind die Instrumente der Populisten, die zusehends von den grenzenlosen digitalen Möglichkeiten profitieren.
Insofern bediente Trump die Gefühle und Instinkte derjenigen, denen es vor allem um eine Abrechnung mit dem politischen Establishment ging. Die Macht in der Wahlkabine, es "denen da oben" zu zeigen, kompensierte die Ohnmacht des Alltags. Es war die Rache all derer, die zu kurz gekommen sind. Es war ein Votum der Verlierer, die nicht mehr viel zu verlieren haben. Das Ergebnis macht deutlich, wie gespalten die USA sind und wie weit sich die politische Elite in Washington - mit der Symbolfigur Hillary Clinton an der Spitze - von den Sorgen und Nöten der Menschen entfernt hat, die sich als Opfer der Globalisierung und der Digitalisierung sehen: ältere Weiße, weniger Gebildete, Arbeits- und Perspektivlose. Menschen, deren Leben sich in den vergangenen 30, 40 oder 50 Jahren aus ihrer Wahrnehmung heraus verschlechtert hat.
Wer jetzt mit dem Finger auf die Amerikaner zeigen will, sollte sich vorher in Europa umsehen. Genau diese Wähler mit denselben Motiven sind es, die in Großbritannien für den Brexit stimmten. Genau diese Wählergruppe ist es, die als Anhänger von Marine Le Pen für einen Rechtsruck bei der bevorstehenden Präsidentenwahl in Frankreich sorgen könnte. Die Wähler sind es auch, die in den Niederlanden auf den Rechtspopulisten Geert Wilders setzen. Und wie stark die AfD bei der nächsten Bundestagswahl wird, ist nicht ausgemacht. Der Wahlsieg Donald Trumps ist ein weiterer Beleg für eine Krise der westlichen Demokratien, für eine Entfremdung zwischen der politischen Klasse und einer maßgeblichen Zahl von Wählern, für einen tiefen Spalt in vielen westlichen Gesellschaften. Das macht den Trump-Sieg nicht besser. Aber es erklärt ihn. Und es gibt den Europäern die Chance, ihre Lehren daraus zu ziehen. Mehr Selbstkritik und Demut wären ein Anfang.
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