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WAZ: Kofi Annan und die Reform der Vereinten Nationen: Flucht nach vorn - Leitartikel von Uwe Knüpfer

Essen (ots)

Wenn es die Vereinten Nationen nicht gäbe, müsste
man sie erfinden. Andererseits werden die real existierenden UN ihrem
Anspruch nicht gerecht. Also ist es an der Zeit, die Vereinten
Nationen neu zu erfinden. Dies allerdings schon seit längerem. Seit
der 50-Jahr-Feier der UN an ihrem Gründungsort San Francisco 1995
haben Tagungen zum Thema UN- Reform vielen Fluglinien und Hotels
satte Umsätze beschert. Nur: wirklich geschehen ist bis heute kaum
etwas. Und bald werden die UN schon 60 Jahre alt. Der
UN-Sicherheitsrat war gedacht als eine Klärungsstelle für
internationale Konflikte, eine Einrichtung zur Kriegsvermeidung.
Seine Zusammensetzung spiegelt die globalen Machtverhältnisse des
Jahres 1945 wider. Die Welt hat sich seither zwar mehrfach mächtig
verändert, der Sicherheitsrat jedoch kaum. Die formale
Gleichberechtigung aller 191 Mitgliedsstaaten bringt es mit sich,
dass in der UN-Kommission für Menschenrechte auch Vertreter brutaler
Diktaturen darüber befinden, was Menschenrechtsverletzungen sind:
eine Absurdität. Während des Kalten Krieges waren die UN gelähmt,
doch die UN- Bürokratie wucherte munter vor sich hin. So bildete sich
ein idealer Nährboden für aufgeblasene Unfähigkeit und ungeahndete
Korruption. Dieses Gemisch bietet UN-Verächtern immer wieder Anlass,
die Idee der Vereinten Nationen als solche infrage zu stellen.
UN-Generalsekretär Kofi Annan unternimmt nun einen neuen, vielleicht
den letzten möglichen Versuch, die UN endlich zu dem zu machen, das
ihre Gründerväter und -mütter in ihr sehen wollten. Sein 63-seitiger
Report „In größerer Freiheit” enthält keine grundlegend neuen Ideen,
sondern versucht geschickt zusammenzubringen, worauf sich die
notwendige Mehrheit der Mitgliedsstaaten einigen könnte. Wenn das
gelänge, wäre es ein Meisterstück - ganz gleich, ob Deutschland dabei
ein Dauerplatz im Sicherheitsrat zufällt oder nicht.

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