Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: SPD-Spitze in NRW stellt sich neu auf: Es geht vorwärts - Leitartikl von Peter Szymaniak
Essen (ots)
Es geht doch noch vorwärts in der NRW-SPD. In Fehleinschätzung der Wirkung der verheerenden Wahlniederlage wollte die SPD-Spitze nach der Devise verfahren: Augen zu und durch. Wenigstens bis zur Neuwahl im Bund. Die galt als Entschuldigung dafür, einfach so weiter zu machen wie bisher weil die Zeit für einen Neuaufbau der SPD bis Herbst fehle, hieß es. Doch der Druck der Basis, der Druck der nach neuen Posten strebenden Ex-Ministerschar schwoll seit dem Wahldesaster von Stunde zu Stunde an. Vor allem aber die Bundes-SPD, namentlich Kanzler Schröder und Parteichef Müntefering, verlangte einen schnellen Neuanfang. Und das ist richtig: Kein Wähler versteht es, wenn eine Partei eine historische Niederlage einfährt und danach so weitermachen will wie bisher. Vor allem aber brauchen Partei und Fraktion eine neue Führung: Die SPD muss sich komplett erneuern. Oppositionsarbeit ist für diese SPD- Politiker-Generation eine vollkommen neue Erfahrung; die Parteistrukturen sind trotz der Münteferingschen Reform veraltet; die SPD-Gremien aufgebläht und damit weder effizient noch schlagkräftig. Wer immer noch sein Personal nach Regionalproporz und Geschlechtsmerkmalen aufstellt, statt nach der Qualität zu schauen, wird sich auch noch zehn Jahre später in der Opposition wiederfinden. Ex-SPD-Chef Schartau ist letztendlich eine tragische Figur. Am Niedergang ist der einst als Reformer gelobte Gewerkschafter nicht allein schuld. Doch gerade die letzten Stunden seiner Amtszeit bestätigten alle Urteile über Schartau: beratungsresistent, falsche Realitätswahrnehmung. Der Mülheimer ist ein sympathischer Mensch, der Leute auf der Straße für sich einnehmen kann. Doch er war nicht in der Lage, eine Partei strategisch und inhaltlich zu führen. Das müssen nun Noch-Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft und Noch- Finanzminister Jochen Dieckmann machen schwere Aufgaben in schweren Zeiten.
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