Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: SPD benennt Minister-Personal: Fragezeichen sind berechtigt - Leitartikel von Hendrik Groth
Essen (ots)
Der Kampf um die Macht und die Folgen von Koalitions-Arithmetik können für direkt Beteiligte grausam sein. Während Hartz-Reformator Gerhard Schröder so blendend dasteht, dass sehr wohl über eine Rückkehr in die Politik zu einem späteren Zeitpunkt spekuliert werden darf, wurde Wolfgang Clement draußen vor die Kabinetts-Tür gedrängt.
Die sachliche Kritik Clements ist nachvollziehbar, denn die jetzt geplante Trennung von Wirtschaftsressort und Arbeit im Zuge der Arbeitsmarktreformen ist falsch. Auch die persönliche Enttäuschung ist verständlich. Die Verbitterung darüber ist spürbar, dass Weggefährten wie Schröder oder Franz Müntefering es nicht für nötig hielten, Clement über die Neustrukturierung seines Ministeriums und die daraus folgende Entmachtung direkt zu informieren.
Doch nicht nur Politiker wie Clement fragen sich offen, wohin sich die SPD in den kommenden Jahren entwickeln wird. Der Bochumer warnt vor programmatischen Rückschritten, die die Sozialdemokratie für die politische Mitte nicht mehr wählbar machen könnten. Die Schlüsselposition bei der neuen Ausrichtung hält der designierte Vizekanzler und künftige Arbeitsminister, SPD-Chef Müntefering, inne. Obwohl er Hartz mitgetragen hat, spricht er das Herz und die Seele der Partei an, die ihren inneren Frieden mit den Sozialreformen nicht gemacht hat. Fragezeichen sind berechtigt.
Die SPD hat ihre Minister für das Kabinett Merkel benannt. Ein potenzieller Kanzlerkandidat ist nicht unter ihnen, sollte es zu einem vorzeitigen Bruch der Zweckgemeinschaft kommen. Es ist eben wieder die Koalitions-Arithmetik, die zu eigenen Ergebnissen kommt. Fachlich und persönlich sind Männer wie Frank-Walter Steinmeier oder Peer Steinbrück geeignet, Bundesministerien zu führen. Auch das Müntefering es mit Edmund Stoiber gut kann, ist nicht die schlechteste Begründung für den Eintritt des SPD-Vorsitzenden in die Regierung.
Vielleicht sollte man es als Signal für die Ernsthaftigkeit der SPD werten, mit der CDU die kommenden Jahre erfolgreich regieren zu wollen. Sonst hätte sie schon jetzt einen kanzlerfähigen Vertreter an den Regierungstisch delegiert. Matthias Platzeck wäre so einer gewesen: zwei Jahre Außenminister und mit dem Amtsbonus in den Wahlkampf. Strategisch wäre eine solche Entscheidung nicht verkehrt gewesen.
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