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WAZ: Energie als Großthema: Wenn Politik verwirrt, anstatt zu führen - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Als Beispiel für gelungene Regierungskunst wird
schon die Gesundheitsreform nicht in die Geschichte eingehen. 
Wiederholt sich dieses Desaster etwa auch beim nächsten Großthema, 
nämlich der Sicherheit unserer Energie wie unseres Klimas? Der 
Umweltminister ist für den Ausstieg aus der Kernkraft, der 
Wirtschaftsminister verlangt den Ausstieg aus dem Ausstieg und die 
Kanzlerin laviert zwischen Kernkraft und Koalitionstreue. Derweil 
bewegt sich das Volk. Dass Putin Russlands Energie, von der 
Deutschland abhängig ist, als politische Waffe einsetzt, hat viele 
Deutsche geschockt. Mit den Jahren wandelt sich zudem der 
Sicherheits-Begriff: In der Zeit nach Tschernobyl ging es um 
Sicherheit vor Atomkraft, heute denken wieder mehr Menschen an 
Sicherheit durch Atomkraft. Den Atomkraftgegnern wird im Zeichen der 
Bedrohung der Energie-Versorgung so ganz allmählich das Volk knapp. 
Entweder sie können erklären, wie Energieversorgung ohne Atomkraft 
sicher, mit Blick auf den Klimawandel umweltverträglich und auch noch
bezahlbar funktioniert, oder sie werden ihre Position revidieren 
müssen.
Ärgerlich für alle Beteiligten ist der innerparteiliche Zwist, 
den sich die SPD beim Thema Sockelbergbau leistet. Zur Erinnerung: 
Die Angelegenheit war eigentlich schon abgehakt, der 
sozialverträgliche Ausstieg ohne Kündigung beschlossene und auch von 
der Gewerkschaft mitgetragene Sache, als die neue 
nordrhein-westfälische SPD-Chefin das Thema als parteipolitisches 
Profilierungsfeld entdeckte. Wobei klar ist, dass die 
CDU/FDP-Landesregierung vollzieht, wofür sie eben eine Mehrheit bei 
den Wahlen bekam, nämlich aus der Kohle auszusteigen, wenngleich sehr
langfristig. Weil der Bundesfinanzminister Steinbrück früher hier 
Regierungschef war, kennt er sich aus, ist überzeugt, dass der für 
die Zukunft des größten Arbeitgebers im Land wichtige Börsengang 
nicht zu machen ist, wenn man ihn mit fortlaufendem Bergbau 
verbindet. Steinbrück wie Wirtschaftsminister Glos fürchten sogar, 
dass es schon Ende des Jahres zu Kündigungen bei der RAG kommen 
könnte. Daher wirbt Steinbrück für den Ausstieg. Dass nun 
ausgerechnet der für den Klimaschutz zuständige Bundesumweltminister 
eine neue Front aufmacht, erschwert eine Lösung zusätzlich. Schon 
hoffen sie in Berlin, dass man ihnen in Brüssel die Arbeit abnimmt 
und weitere Bergbau-Subventionen schlicht verbietet.
Souverän, entscheidungsstark, ist das alles nicht. Dabei ist 
Energie kein Thema für Spielchen. Es geht um nicht weniger als 
unseren Lebensstil. Und den unserer Kinder.

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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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