Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westdeutsche Allgemeine Zeitung mehr verpassen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: SPD präsentiert Seiteneinsteiger: Naumann soll Hamburg zurückerobern - Leitartikel von Hendrik Groth

Essen (ots)

Der Kandidat ist respektabel. Intellektu-
 ell brillant, im sicheren und dabei beeindruckenden Auftreten wie 
gemacht für einen medienwirksamen Aufbruchwahlkampf. Der 
"Zeit"-Herausgeber Michael Naumann könnte für die gebeutelte 
Hamburger SPD ein Glücksfall sein, um den mittelmäßigen Bürgermeister
Ole von Beust (CDU) zurück auf die Oppositionsbänke zu schicken. Doch
der Konjunktiv ist angebracht, denn die Genossen an der Elbe und 
Alster präsentieren sich seit Jahren in einem beklagenswerten 
Zustand.
Seriös, unaufgeregt, weltoffen, so wird der hanseatische 
Charakter von Hamburg beschrieben. Parteikenner verweisen in den 
vergangenen Tagen aber eher auf die drei großen "S", wenn sie an 
Hamburgs Sozialdemokratie denken. Streiterei, Stimmenklau und 
Selbstblockade. Dass sie damit nicht ganz falsch liegen, belegt 
unfreiwillig die Reaktion der stellvertretenden Parteichefin 
Stapelfeld. In der vergangenen, für die Partei so katastrophalen 
Woche wollte sie noch Spitzenkandidatin werden, heute freut sie sich,
dass Naumann den Karren aus dem Dreck fahren soll, den sie mit 
Karacho höchstselbst dorthin manövriert hat. So fabuliert Stapelfeld 
von einem "starken Team", das Hamburg nach vorne bringen werde. 
Beklagenswerte Realsatire.
Jetzt wird die Parteimaschinerie angeworfen, die Krise klein 
geredet. Henning Voscherau, der vor wenigen Stunden noch retten 
sollte, was nicht zu retten ist, wahrscheinlich kaum noch erwähnt. 
Aber wer den Niedergang der SPD im Norden als Episode darzustellen 
versucht, der ignoriert jahrelange Entwicklungen, die den 
Sozialdemokraten in ganz Deutschland zu schaffen machen.
Neben personeller Auszehrung und damit einhergehenden 
Substanzverlusten schmelzen traditionelle Milieus dahin. Der 
Parteienforscher Franz Walter sucht bei der linken Volkspartei 
vergeblich junge Mitglieder oder Facharbeiter, für ihn beherrscht der
öffentliche Dienst die einstige Arbeiterpartei. Mag auch die Umfrage,
die die SPD bei bundesweit 25 Prozent sieht, nur eine Momentaufnahme 
sein, ein Indiz ist sie dennoch. Antworten auf Fragen, wie es denn 
weitergehen soll, haben die Macher in den Parteizentralen nicht. 
Weder auf Landes- noch auf Bundesebene. Die Reformpolitik rund um die
Agenda 2010 hat die rote Basis aufgewühlt. Nicht überall gibt es 
Placebos wie die Forderung nach einem Sockelbergbau. Ob ein 
prominenter Seiteneinsteiger wie Naumann den etablierten 
Funktionärszirkeln und Klüngelrunden trotzen kann, wird spannend zu 
beobachten sein.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 07.03.2007 – 19:52

    WAZ: "Professor Untat": Weiche Flanke - Kommentar von Christopher Onkelbach

    Essen (ots) - Lehrer als faule Säcke zu beschimpfen, ist ja schon fast langweilig geworden. Jetzt sind die Professoren dran. Der Titel des Buches, das Uwe Kamenz, selbst Professor an der Fachhochschule Dortmund, mit dem Wirtschaftsberater Martin Wehrle geschrieben hat, ist Programm: "Professor Untat". Jeder Student kann ein Lied singen von Professoren, die ...

  • 06.03.2007 – 19:54

    WAZ: 20 Jahre Frauenpolitik vom Amt: Auf dem Weg nach oben - Leitartikel von Sigrid Krause

    Essen (ots) - Machen wir uns nichts vor: Von Gleichberechtigung oder gar Gleichstellung - im Beruf, in der Politik, in der Gesellschaft - sind die Frauen in diesem Land noch ziemlich weit entfernt. Aus aktuellem Anlass (8. März! Frauentag!) wird gerade wieder gern daran erinnert: Frauen sind in den Führungsetagen auch großer Konzerne willkommen als kluge, ...