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WAZ: Deutsche Bank stellt Rentner ein: Generation abgeschoben - Leitartikel von Wolfgang Pott

Essen (ots)

Es hat Geschmäckle, wenn die Deutsche Bank Rentner
ohne Bezahlung beschäftigt, um ihre eigenen Geschäfte voranzubringen.
Ohne die guten Kontakte der früheren Direktoren zur reichen 
Privatkundschaft will und kann Deutschlands größtes Geldinstitut 
nicht auskommen. Dieser Fall macht zwei Phänomene sichtbar.
Zum einen ein internes: Die Deutsche Bank hat mit fragwürdigen 
Strukturreformen ihre treuen Privatkunden verprellt. Die weniger 
Reichen sowieso, die Millionäre aber auch. Die wanderten zunehmend 
ab, zu Privatbanken, die das Geschäft mit gut Betuchten eh besser 
verstehen. Um diesen Trend zu stoppen, werden die Alten herangezogen.
Verdiente Ruheständler, die sich noch gebauchpinselt fühlen, weil die
global agierende Deutsche Bank auf ihre Dienste in einer 
vernachlässigten Sparte nicht verzichten mag.
Der aktuelle Fall steht aber vor allem exemplarisch für ein 
übergreifendes Missverständnis der deutschen Wirtschaft. Jahrelang 
haben die großen Konzerne zu sehr auf den Nachwuchs gesetzt und die 
ältere arbeitende Bevölkerung ins Abseits gestellt. Die "Generation 
Golf" ersetzte die "Generation abgeschoben". Argumente waren schnell 
gefunden: Zu langsam, zu unflexibel und vor allem zu teuer seien die 
Alten.
Die Manager glaubten, neue Mitarbeiter dürften nicht älter als 45
Jahre sein. Um die Kosten zu senken, um kurzfristige Renditeziele zu 
erfüllen, mussten die älteren Kollegen als erste gehen, in die 
Altersteilzeit oder in die Frührente. Dass sich dadurch die 
Lebensarbeitszeit verkürzte und das Defizit in den Rentenkassen 
erhöhte, wurde bewusst einkalkuliert und spielte nur eine 
untergeordnete Rolle.
Allein im Ruhrgebiet gab es dafür zahlreiche Beispiele. Der 
Essener Energiekonzern RWE etwa hat einst auf Kosten der Sozialkassen
die Frührente mit 51 Jahren und 80 Prozent Lohnausgleich eingeführt. 
Vorruhestandsprogramme gab es auch beim Handelsunternehmen 
Karstadt-Quelle oder beim Stahlkonzern Thyssen-Krupp.
Deutsche Unternehmen haben mit der Abschiebung erfahrener 
Arbeitskräfte einen fatalen Fehler begangen. Jugend allein kann es 
nicht richten. Auf den gesunden Mix kommt es an. Dass ältere 
Mitarbeiter weniger Ballast sind, sondern Mehrwert bieten, hat die 
Politik inzwischen erkannt und Programme zur Wiedereingliederung in 
den Arbeitsmarkt aufgelegt. Die laufen aber nur langsam an. Zu sehr 
ist der Ruf der "Generation abgeschoben" beschädigt.

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