Neue OZ: Kommentar zu George Tiller
Osnabrück (ots)
Unchristlich
Einen deutlicheren Beleg für die Gefahr ideologischer Verblendung kann es kaum geben als diesen Mord an George Tiller: Da schwingt sich ein hasserfüllter Mensch zum Richter auf, weil er nicht mehr fähig ist, eine andere Einstellung als die eigene zu tolerieren.
Offiziell distanziert sich die Anti-Abtreibungs-Gruppe "Operation Rescue" von der Tat und verurteilt die Selbstjustiz. Das ist juristisch korrekt. Juristisch korrekt war aber auch die Arbeit des Mordopfers. Er hat Frauen ihr Recht gelassen, über einen Schwangerschaftsabbruch im legalen Rahmen selbst zu entscheiden - dafür hat er jetzt mit dem Leben bezahlt.
Rücksichtslos kämpften seine Gegner zuvor gegen ihn, offenbar in dem Gefühl, als Christen das "bessere Recht" auf ihrer Seite zu haben. Tiller wurde bedroht und drangsaliert. Er musste von den Behörden besonders geschützt werden. In dieser unversöhnlichen und deshalb unchristlichen Stimmung ist nun ein Einzelner zum Mörder geworden - die Frage nach einer Mitverantwortung der Hetz-Kampagne gegen das Opfer liegt in diesem Moment nahe.
Das Thema Abtreibung, gerade die Frage von Spätabtreibungen, wird immer kontrovers diskutiert werden. Aber dass jemand deswegen zum Mörder wird, schwächt die Argumente der Gegner und sprengt den Rahmen des Nachvollziehbaren endgültig. Ein bitteres Beispiel dafür, wozu Fanatismus führen kann.
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