Neue OZ: Kultur-Kommentar zu Daniel Kehlmann
Osnabrück (ots)
Speer oder Aktenkoffer
Daniel Kehlmann hat gegen ein fundamentales Theatergesetz verstoßen: Du sollst nicht langweilen. Denn seine Kritik am Regietheater ist so alt wie das Regietheater selbst, und während er die Diskussionen um moderne oder historische Aufführungen als ideologisch geißelt, rennt er mit uralten Scheinargumenten und Plattitüden selbst in die Ideologiefalle. Das langweilt. Freilich liefern die Marthaler, Neuenfelse, Schlingensiefs reichlich Wasser auf die Mühlen der Regietheaterkritiker, liegen mit ihren Modernisierungsansätzen mitunter knapp und manchmal völlig daneben. Ja, und auch das langweilt manchmal. Doch genau das Gleiche gilt für traditionelle Inszenierungen: Nur weil die Darsteller Perücke und Schnallenschuh tragen, werden Stücke von Schiller und Mozart noch lange nicht zum Ereignis.
Ob Wotan einen Speer trägt oder einen Aktenkoffer, ist deshalb auch völlig unerheblich - wenn die Zuschauer offen sind für die Geschichte, die ihnen der Regisseur erzählen will. Hauptsache, er langweilt dabei nicht.
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