Neue OZ: Kommentar zu Wahlen
Bundestag
Osnabrück (ots)
Das war's dann wohl
Gestern war ein bezeichnender Tag für den deutschen Wahlkampf. Angela Merkel sprach vor dem Osnabrücker Rathaus und damit einem Symbol mittelschichtlicher Bürgerlichkeit über Wohlstand und die Welt. Peer Steinbrück musste sich rechtfertigen, warum er im Magazin einer Zeitung zu einer Grimasse den Mittelfinger emporreckt.
Der Unterschied sagt eigentlich alles. Wenn sie es nicht schon vorher war, so dürfte die Bundestagswahl nach dieser Episode entschieden sein. Steinbrücks Stinkefinger trifft daher weniger seine Kritiker als vielmehr alle Sozialdemokraten, die Zweifeln zum Trotz an ihm festgehalten hatten. Eine Woche vor der Wahl verspottet er mit seinem fragwürdigen Witz ihren Einsatz, vielleicht auch frustriert, dass seine Partei schlicht die falschen Themen besetzt hatte.
Dass ein globaler Finanzkapitalismus die Nation knechte, spürt nun einmal niemand im Alltag. Heere von Entrechteten arbeiten ebenfalls nicht in den deutschen Fabriken, und dass der Staat dringend weitere Milliarden brauche, kauft Steinbrück angesichts steuerlicher Rekordeinahmen auch nicht jeder ab. Den Menschen geht es gut, und jetzt belebt Steinbrücks Mittelfinger als Symbol der Unbelehrbarkeit den nur mühsam gelinderten Eindruck von Arroganz, mit dem er die Menschen bereits zu Beginn seiner Kandidatur erschreckte. Jedes Wort der Reue, das er sich hernach abrang, wirkt nun hohl.
Burkhard Ewert
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