Neue OZ: Kommentar zu Missbrauch
Osnabrück (ots)
Nach der Verjährung bleibt die Verantwortung
Nein, die Zeit heilt eben nicht alle Wunden. Das wird am Beispiel des 66-jährigen Osnabrückers deutlich, der erst im Rentenalter die Stärke aufbringt, sich mit den Verletzungen auseinanderzusetzen, die ihm als Kind zugefügt wurden. Für eine strafrechtliche Aufarbeitung ist es wohl zu spät. Die Beschuldigten sind entweder namentlich nicht bekannt, oder sie leben nicht mehr, die Akten sind verschwunden, und juristisch gesehen ist die Angelegenheit verjährt.
Aber wer hätte dem schmächtigen Knaben vor 54 Jahren denn geglaubt, dass ihn ehrwürdige Patres aus Bonn wochenlang sexuell missbrauchten? Möglicherweise hätte die Strafe am Ende nicht die perversen Ordensbrüder ereilt, sondern ihn, wegen seiner "sündigen Fantasien". Das gesellschaftliche Klima, das die Opfer vor solcher Diffamierung schützt, musste in Jahrzehnten erst erkämpft werden. Währenddessen sind die Taten verjährt. Eine tragische Erkenntnis für die Menschen, die noch heute an den Folgen ihrer Verletzungen leiden.
Natürlich lassen sich die mit einer "Wiedergutmachung" nicht heilen. Gleichwohl spricht die Höhe der Entschädigung Bände. In Österreich zahlt die katholische Kirche bis zu 25 000 Euro, in Irland 80 000. In Deutschland sind es pauschal 5000 Euro, nicht viel mehr als ein warmer Händedruck. Die Betroffenen vermissen ein klares Bekenntnis, dass sich die Kirche ihrer Verantwortung stellt.
Rainer Lahmann-Lammert
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