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NOZ: Interview mit Jürgen W. Falter, Parteienforscher

Osnabrück (ots)

Falter: Angela Merkel hält Asylpolitik nicht durch

Parteienforscher sieht SPD vor Zerreißprobe - AfD-Aufstieg wie Republikaner zu erwarten

Osnabrück. Der Parteienforscher Jürgen W. Falter geht davon aus, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Asylpolitik bald ändert. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte er, "ich glaube nicht, dass sich die Position von Frau Merkel auf Dauer durchhalten lassen wird". Bei gleichbleibenden Worten rudere sie "unter der Oberfläche schon wieder zurück". Erkennbar sei dies an einschränkenden Einlassungen ihrer Minister Thomas de Maizière und Wolfgang Schäuble. Sie lägen daran, "dass sie den Geist wieder in die Flasche zurück bekommen muss, dass sie einsieht, mit ihrer Ursprungsäußerung, wonach alle zu uns kommen können, die Büchse der Pandora zu weit geöffnet zu haben".

Gleichwohl hält es der leitende Professor des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Mainz für "unwahrscheinlich", dass Merkels Asylpolitik sie die Wiederwahl kostet. Das sei nicht auszuschließen, sagte Falter. Gleichzeitig verändere aber das Erstarken der Alternative für Deutschland (AfD) das Gefüge denkbarer Koalitionen. "Beispielsweise wird Rot-Grün dann wohl nicht mehr möglich sein", sagte Falter mit Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.

Schwierige Zeiten erwartet der Wissenschaftler für die Sozialdemokratie: "Die SPD steht vor einer Zerreißprobe." Die Bundes-SPD lehne es "knallhart" ab, sich der Idee von Transitzonen zu nähern. Aber: "Ich bin mir sicher, es gibt in der SPD viele, die anderer Meinung sind als ihre Parteioberen", gab Falter zu bedenken. Dies gelte vor allem für die Kommunalpolitiker. Er gehe davon aus, dass sich früher oder später jemand mit Einfluss in der SPD "öffentlich gegen den Zick-Zack-Kurs der Partei in der Flüchtlingsfrage auflehnt".

Für die AfD, eigentlich bereits "halb tot", stehe hingegen ein Aufschwung bevor. Er sei in jeder Umfrage spürbar. Ihn erinnere dies an die Erfolge der Republikaner in der Zeit ab 1989: "Damals bekamen die Republikaner - übrigens auch über das Asylthema - so starken Aufwind, dass sie das Regierungssystem und die Regierungsfähigkeit in der Bundesrepublik zu erschüttern drohten." Dem habe man nur durch die 1992 erfolgte Verfassungsänderung mit einer Einschränkung des Asylrechts begegnen können.

Auch die NPD sieht Falter im Aufwind. Er erwartet einen Denkzettel-Effekt. "Mancher wird sich sagen: Die einzige Möglichkeit, die Kanzlerin und überhaupt die etablierten Parteien zum Einlenken zu bringen, ist, dass man sie mal so richtig erschreckt. Das wäre dann so etwas wie eine rationale Protestwahl", führte der Parteienforscher aus.

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Falter: Muslim-Partei hätte Chancen in Deutschland

Kein Dank für die Kanzlerin bei Wahlen zu erwarten

Osnabrück. Der Parteienforscher Jürgen W. Falter räumt einer Muslim-Partei in Deutschland gute Chancen ein. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der leitende Professor des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Mainz, "derzeit haben wir knapp fünf Millionen Muslime in Deutschland. Nehmen wir einmal an, jetzt kommt noch einmal eine Million dazu, dazu noch der Familiennachzug, dann sind das irgendwann sieben bis acht Millionen. Das ist keine völlig aus der Luft gegriffene Zahl. Das wäre bei weitem genug für eine Minderheitenpartei."

Nach Falters Ansicht werden die gegenwärtigen Zuwanderer der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel das Obdach in Deutschland an der Wahlurne nicht danken. Die Union führe das Christliche in ihrem Titel und betone es im Grundsatzprogramm stark. "Das ist für gläubige Muslime naturgemäß nicht die Partei der ersten Wahl", sagte Falter. Auch vom Bildungsgrad der Flüchtlinge her würde er vermuten, dass sie später einmal bevorzugt linke Parteien wählten - oder eben eine dann zu gründende islamische Partei.

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