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Westfalenpost

Westfalenpost: Kleine Sünderlein und große Fische

Hagen (ots)

Legale und illegale Steuerspar-Modelle
Von Bodo Zapp
Der Besuch von Liechtensteins Regierungschef am Mittwoch in Berlin 
wäre den Medien unter normalen Umständen eine Randnotiz wert gewesen,
bestenfalls. Inzwischen wissen wir: Normal im Sinne von "alles in 
Ordnung" ist in der Skandalsache Liechtenstein nichts. Für viele, 
allzu viele, ist es das gelobte Land des Steuerverstecks.
 Der Fürstenfamilie gehört die Bank, die sich gerne als erste Adresse
für Tarnung und finanzielle Betrugsmanöver empfiehlt. Sie hat 
hervorragende Anwälte, auch in Deutschland, die solche - aus ihrer 
Sicht - "Fehlinterpretationen" des Geschäftsgebahrens aufs Schärfste 
verurteilen. Jegliche Unterstützung bei Steuerfahndungen wird jedoch 
nach wie vor strikt abgelehnt. Einhaltung des Steuergeheimnisses ist 
oberstes Gebot in Liechtenstein. Wie es scheint, noch vor den zehn 
Geboten.
Respekt!
 Dass es deutschen Behörden jetzt offenbar gelungen ist, diese 
Finanzfestung zu knacken: Respekt! Wie es genau gelaufen ist mit der 
Enttarnungs-CD, dem Bundesnachrichtendienst und den Millionen für den
Informanten/Verräter, spielt eigentlich eine Nebenrolle. Wichtig ist:
Der Staat hat das Gesetz des Handelns in dem Krimi übernommen, an 
dessen Drehbuch das Kanzleramt und der Finanzminister mitgeschrieben 
haben.
 Die Regie führende Staatsanwaltschaft Bochum hat mit der Festnahme 
von Postchef Zumwinkel ein Signal gesetzt, dem ab heute noch viele 
Paukenschläge folgen werden. Die Diskussion über die Moral der Elite 
geht tief, weit über Urteile und Vorurteile gegenüber den Lenkern in 
den Top-Etagen der Wirtschaft hinaus. Prominente Sportler, 
Showgrößen, Mittelständler - allen, die finanziell aus dem Groben 
heraus sind, wird jetzt fast alles zugetraut.
 Schon ist vom Volkssport Steuerhinterziehung die Rede, was den 
Betrugsnagel nicht auf den Kopf trifft. Es ist schon noch ein 
Unterschied, ob jemand bei der Kilometerpauschale die Steuerwahrheit 
etwas verbiegen will, oder ob in großem Stil Geld am Finanzamt vorbei
verschoben wird. Von denjenigen, die als Führungskräfte 
Vorbildfunktion haben sollten, die auch gerne mit dem Finger auf 
Hartz IV-Betrüger zeigen. Da kommt etwas ins Rollen, was einerseits 
für mehr reine Luft sorgt, andererseits in der verallgemeinernden 
Misstrauenshaltung der Gesellschaft nicht gut tut.
 Warum tun die das? Kennt Gier keine Grenzen? Es ist wohl auch ein 
Stück Missverständnis über die eigene Position dabei. Wer wegen 
seiner Stellung in der Gesellschaft hoffiert wird, wer auf 
Einladungslisten obenan steht, wer selbstverständlich in der ersten 
Reihe sitzt und seinen Einsatz vom Staat mit Orden belohnt sieht, der
läuft Gefahr, sich über den Regeln stehend zu sehen. 
16-Stunden-Arbeitszeit, Verantwortung für viele Arbeitsplätze - und 
da soll man sich steuerlich wie Hinz und Kunz behandeln lassen?
 Ob Herr Unternehmenschef, der die großen privaten Geldgeschäfte 
seinen Beratern anvertraut, oder Herr Neureich, der Schwarzgeld 
selbst nach Liechtenstein schafft: Keiner darf sagen, er habe das 
Verbotene seines Versteckspiels nicht geahnt. Man kann die 
Mitnahme-Mentalität verwerflich nennen: Einen funktionierenden Staat 
mit intakten Straßen und guten Schulen wollen alle, nur beim Bezahlen
wollen sie sich drücken.
Keine Verwunderung
 Dass der eine oder die andere dabei über Einkommen von Politikern 
mitleidig lächelt, von Staatsanwalt-Gehältern ganz zu schweigen, darf
angenommen werden. Und ebenso, dass die Fahnder keinen Grund für den 
Gebrauch von Samthandschuhen sehen.
 Völlige Verwunderung über illegale Finanzgeschäfte ist fehl am 
Platze. Ein Land, in dem komplizierte Firmenkonstruktionen aus 
Gründen der Steuerersparnis gang und gäbe sind, in dem Kanzleien mit 
der Ausfindung aller Schleichwege beschäftigt sind und als dumm gilt,
wer die Geld-Fluchtmöglichkeiten nicht nutzt, hält sich die 
Überraschung in Grenzen. Jetzt neue, einfachere Steuergesetze zu 
fordern, ist in der Sache nicht ganz falsch. Erst aber gilt es, die 
Sünder zu fassen und zu bestrafen.

Pressekontakt:

Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160

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