Westfalenpost: Die USA schaden sich selbst am meisten Von Harald Ries
Hagen (ots)
Auch in den USA regt sich nun also Kritik am massenhaften Absaugen von Kommunikationsdaten. Aber dass die zu einer grundsätzlichen Veränderung der Auslandsspionage führt, ist derzeit schwer vorstellbar - auch für Amerika-Freunde. Das hängt mit Vielem zusammen, was sich das Land seit dem 11. September 2001 geleistet hat: mit Guantanamo und dem Irak-Krieg, mit feindlichen Akten gegen Länder und Staatschefs, die sich als Freunde sahen, auch mit dem nicht begründeten Einreiseverbot gegen den deutschen Schriftsteller Ilja Trojanow.
Die USA, die sich aberwitzige ideologische Haushaltsstreitigkeiten leisten, wirken nicht mehr wie das demokratische Vorbild, das der ganzen Welt mit der Fackel der Freiheit leuchtet. Friedensnobelpreisträger Obama? Ein Witz. Der Verlust an Vertrauen und kultureller Attraktivität ist gewaltig. Amerika schadet sich selbst mehr als uns, viel mehr als seine Feinde es vermöchten.
Was nicht heißt, dass in Deutschland alles so bleiben kann. Kanzleramtsminister Pofalla und Innenminister Friedrich haben sich schlimmer blamiert, als ihre Ämter es vertragen. Der für digitale Spionageabwehr zuständige Verfassungsschutz zeigte sich der NSA genauso wenig gewachsen wie dem NSU.
Eine Abschaffung könnte hier sinnvoller sein als eine Reform. Bürger und Unternehmen sollten, möglichst gemeinsam in der EU, nach Alternativen zu den mächtigen US-Konzernen im Netz suchen. Staat(en) und Firmen müssen gemeinsame Abwehrstrategien gegen Wirtschaftsspionage entwickeln.
Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages dagegen, der langsam wahrscheinlicher wird, bliebe, weil die USA daran nicht mitwirken werden, ein Symbol ohne praktischen Wert. Und ein Kronzeuge Snowden, vom dem manche träumen, erst recht.
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