Neues Deutschland: zum Merkel-Besuch in Indien
Berlin (ots)
Wer kann es der Kanzlerin verdenken, dass sie ein Gespräch mit indischen Frauen, die von ihren Nöten, Erfahrungen mit Mikrokrediten und neuer Selbstständigkeit berichten, wesentlich spannender findet als die Neuregelung der Details der Pendlerpauschale zdaheim? Dass sie die lobenden Worte eines mächtigen Regierungschefs im fernen Südasien mehr genießt als das Wiedersehen mit einem grummelnden Pfälzer, der endlich auch mal was mitbestimmen will? Angela Merkels Besuch auf dem Subkontinent war indes mehr als eine willkommene Abwechslung zum provinziellen Alltag in Berlin. Die eigenen Umfragewerte lassen sich auf internationalem Parkett leichter aufpeppen. Dabei betätigte sich die Kanzlerin in Indien nur als Türöffnerin für heimische Konzernchefs auf dem rasant wachsenden Absatzmarkt und Investitionsstandort. Die schönen Worte über die Notwendigkeit einer Klima-Übereinkunft haben diese keinen Millimeter vorangebracht, und vom Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit profitieren vor allem deutsche Unternehmen etwa im Bereich Umwelttechnologie. Merkels Mahnung an den Gastgeber, er solle sich mehr um die soziale Lage kümmern, klang gut. Doch dafür ist die schiefe Weltwirtschaftsordnung, die die Industrieländer in der Doha-Runde zäh verteidigen, mitverantwortlich. Die Kanzlerin sprach in Indien ständig von »riesigen Chancen«. Wen sie wohl damit gemeint hat?
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