Neues Deutschland: zum Streit um die Erklärung des Bundestages gegen Antisemitismus
Berlin (ots)
Gerade noch rechtzeitig hat sich der Deutsche Bundestag vor einer Blamage bewahrt. Doch es war lediglich einem Geschäftsordnungstrick geschuldet, durch den gestern doch noch eine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus wenige Tage vor dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht möglich wurde. Diese Trickserei war nötig geworden, weil die Union in den letzten Tagen und Wochen jeglichen politischen Anstand vermissen ließ. Stattdessen missbrauchte sie den Antrag als Vehikel zur parteipolitischen Auseinandersetzung, die in der Folge eher an eine Wahlkampfschlammschlacht erinnerte denn an politische Debattenkultur. Der Verweis von Unionspolitikern auf antisemitische Vorurteile, die sich oftmals hinter antizionistischen Einstellungen verbargen und verbergen, ist in der Sache sicherlich richtig, dem Anlass angemessen ist er allerdings nicht. Zumal auf den Finger, der Richtung Linkspartei zeigt, mit gutem Recht fünf Finger zurückzeigen. Das Thema ist zu wichtig, um es in die Niederungen des Parteiengezänks herunterzuziehen. Es bedurfte des Geschicks von Grünen und FDP, dass es im letzten Moment noch zu einem quasi gemeinsamen Beschluss aller Bundestagsfraktionen kommen konnte. Das wiederum stellt der SPD ein politisches Armutszeugnis aus, die sich vor den Karren der Union spannen ließ. Wenn Koalitionsdisziplin über politische Moral obsiegt, ist das auch ein Schaden für die Demokratie.
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