Neues Deutschland: zum Abgang von Bahnchef Mehdorn
Berlin (ots)
Solange auch Hartmut Mehdorn als schier unkaputtbar galt, so kurz dürfte die Zeit sein, da von ihm noch jemand spricht. Schon kurz nach seiner Rücktrittsankündigung begannen die Spekulationen um die Nachfolge. Erst wurde ein Wunschkandidat der Kanzlerin und CDU-Chefin lanciert, dann dementiert. Wenig später sprach sich SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier für einen Bahnchef aus, der nicht aus »klassischen Parteischienen« kommen müsse. CSU-Politiker forderten eine bahninterne Lösung. Kurz: Die Politik ging zur Tagesordnung und also zum üblichen Parteiengezänk über. Schon in den letzten Wochen war das Zögern der Bundesregierung, den selbstgefälligen, skandalumwitterten und uneinsichtigen Mehdorn endlich vom Gleis zu nehmen, vor allem parteitaktischen Erwägungen geschuldet. Weil vor der Bundestagswahl Union und SPD aufeinander Rücksicht nehmen müssen, spielten sie viel zu lange und auf Kosten der Bahn-Beschäftigten und -Kunden auf Zeit. Spitzeleien und andere Zumutungen wurden noch am Wochenende mit üblichen Ausweichmanövern (die Aufklärung läuft) auf die lange Bank geschoben. Dass Mehdorn das Handtuch doch noch warf, bringt die Bundesregierung als Eignerin der Bahn zwar in Zugzwang. Doch zu fürchten steht, sie entscheidet nicht mehr als eine Personalie. Den eigentlich fälligen Kurswechsel und endgültigen Abschied vom bislang nur verschobenen Börsengang wird sie den Wählern schuldig bleiben.
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