Neues Deutschland: Zauberlehrling
Berlin (ots)
Ein Gespenst geht um nach der Europawahl - das Gespenst des Nichtwählers. Das Schreckliche an seinem Anblick ist eigentlich nur, dass es sooo einen Bart hat. Ihm wird seit jeher die Schuld gegeben am Sympathieschwund der etablierten Parteien. Der Nichtwähler ist diesmal vor allem schuld am Desaster der SPD. Aber auch daran, dass die Rechten einen solchen Auftrieb erhalten haben. Wäre er doch zur Wahl gegangen, der Nichtwähler. Dann müsste er jetzt nicht umherspuken.
Stimmt das Bild? Nur wenn man der These folgt, dass das Kräfteverhältnis zwischen den Parteien bei hoher Wahlbeteiligung gänzlich anders aussehen würde. Dass der Wähler nicht von den Parteien, namentlich der SPD, enttäuscht ist, sondern abstinent (gegenüber der EU), resistent (gegenüber Argumenten) und renitent (gegenüber der Politik im eigenen Land).
Schon werden rührselige Erinnerungen an Gerhard Schröder wachgerufen. An seine Aufholjagd auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl 2005. Schröder, der die Agenda 2010 verantwortete und den unaufhaltsamen Abstieg der SPD einleitete, der bis jetzt anhält - Retter der Partei. An Frank-Walter Steinmeier dagegen, der einst Schröders rechte Hand war, kann man beobachten, wie undankbar der Job des Zauberlehrlings immer wieder ist. Schon werden erste Orakel hörbar, dass dieser Mann eine Fehlbesetzung der SPD sei. Was zeigt: Die SPD produziert ihre Gespenster allemal am liebsten selbst.
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