Neues Deutschland: Nächstenliebe
Berlin (ots)
Die Islamkonferenz ist ein riesiges Missverständnis. Sie diente nicht der Überwindung von Vorbehalten zwischen Muslimen und den Nichtmuslimen in Deutschland, sondern der Überwindung von Vorbehalten zwischen ausgewählten Repräsentanten beider Seiten. Man sei sich emotional näher gekommen, freut sich Wolfgang Schäuble. Wenn dies für ihn und seine Gesprächspartner gälte, wäre das schon ein schönes Ergebnis. Doch was sich an der Toleranz gegenüber Muslimen in Deutschland verbessert haben soll, bleibt Schäubles Geheimnis. Es muss sogar ein Geheimnis bleiben, solange es darüber keine fundierten, langfristigen Untersuchungen gibt.
So sehr sich die Gesprächspartner unterscheiden, so sehr sind sie sich einig, dass Muslime in Deutschland letztlich ein Religionsproblem darstellen. Deshalb scheint die Frage des Religionsunterrichts so wichtig. Die Muslime wünschen ihn, und die (christlichen) Wortführer der Regierung äußern voll frommer Nächstenliebe Verständnis - sie pochen lediglich auf staatlich instruierte Lehrer.
Doch wie die Aufwertung des Islam zur Integration der Muslime beitragen soll, bleibt ungeklärt. Wo diese keine sozialen, kulturellen, politischen Probleme haben, sind sie auch heute schon integriert. So sehr, dass man sie gar nicht bemerkt, wie die Studie zum Islam in Deutschland belegt. Wo sie allerdings ausgegrenzt sind, wird der Islam zum Fluchtweg. Erst dann wird Religion zum Problem. Nächstenliebe kommt dann zu spät.
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