Neues Deutschland: Fahrenheit?
Berlin (ots)
Die Frankfurter Buchmesse offenbart allen Beteiligten, wie rasch ein Jahr ins Nichts rutschte. Wieder drängt sich in diesen Tagen das Wort vor. Feiert seine Freiheit, feiert sein Gewicht, feiert seinen Glanz aus Wissen, und das Innerste der Welt bleibt doch dunkel.
Gelegenheit, an »Fahrenheit 451« zu denken. Ray Bradbury schrieb den Roman, Francois Truffaut verfilmte ihn. Es ist das Porträt eines Widerstandskampfes - in einer Gesellschaft, die Bücher als unglücksstiftend ansieht, sie gesetzlich verbietet. Die Feuerwehr hat Order, Bücher aufzuspüren und zu verbrennen, um das gesellschaftliche Glück zu sichern. Die Literatur flieht in die Köpfe, ganze Romane werden auswendig gelernt und weitergesagt.
Jetzt an diesen Horror erinnern? Wo eine Messe vor Buchpreisung schier birst? Noch immer gibt es Zensur - das öffentliche Verbot bleibt in bestimmten Gegenden die geheimste Empfehlung. Und noch immer darf manche Erzählung nur Kassiber sein. Jedes gute Buch in Frankfurt steht also auch für eines, das nicht entstehen, nicht verbreitet werden darf. Dass es im Westen keine Zensur gibt, ist wahr. Darüber vergisst man glatt, wie viel man nicht sagen darf.
Alles laut auf den Markt Geworfene hat jedenfalls einen heimlichen Zwilling: das mundtot Gemachte. Die unteilbare Welt ist in dem anwesend, was nicht zur Welt kommen kann. Aufputz und Aufschrei bilden die beiden Seiten einer Messe-Medaille - die in jedem Falle Kehrseiten sind.
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