Neues Deutschland: zur Debatte um Steuersenkungen
Berlin (ots)
Philipp Röslers Geduld mit den Griechen ist am Ende. Reformen oder raus aus dem Euro-Raum, lässt er großmäulig verlauten. Dem FDP-Vorsitzenden muss das winzige Lebenszeichen seiner Splitterpartei zu Kopfe gestiegen sein: die angekündigte Steuersenkung von sechs Milliarden Euro. So gibt Rösler hierzulande den Sankt Martin und schwadroniert vom »Einstieg in mehr Steuergerechtigkeit«. Tatsächlich wäre die von ihm so heiß bekämpfte »kalte Progression« für die Betroffenen kaum folgenschwerer als der Gefrierbrand bei Tiefkühlhähnchen, würden sich die Restliberalen zentralen Problemen widmen wie etwa dem gesetzlichen Mindestlohn. Denn Lohnerhöhungen werden nur dann von der Inflation aufgefressen, wenn sie schlicht zu niedrig sind. Was Rösler unter Gerechtigkeit versteht, hat er schon als Gesundheitsminister gezeigt, indem er den Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung des Gesundheitssystems festschrieb und zusätzliche Kassenbeiträge jeglicher Progression für die Zukunft ermöglichte. Und überhaupt sollte das Wort »Steuergerechtigkeit« den Politikern aller Parteien, die in den letzten Jahrzehnten in den Bundesregierungen mitgemischt haben, quer im Halse stecken bleiben. Sie sorgten allesamt für die Senkung des Spitzensteuersatzes, während auch noch nach der aktuell beschlossenen Reform Personen Steuern zahlen müssen, die offiziell als »armutsgefährdet« gelten. Der netterweise erhöhte Steuerfreibetrag kommt dagegen selbst Milliardären zugute.
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